fK 6/10 Editorial

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Die Verantwortung der Väter wächst. Je selbstverständlicher es für die Mütter wird, im Anschluss an die Geburt eines Kindes nach einigen Monaten ins Berufsleben zurückzukehren, desto wichtiger wird die Rolle des Vaters im kindlichen Alltag. Väter haben eine eigene Art, auf Kinder zuzugehen. Die Kinder spüren dies und schätzen den Unter-schied. Sie brauchen ihren Vater, und dies gilt gleichermaßen für Jun-gen wie Mädchen.

Bereits heute nehmen viele Väter an Geburtsvorbereitungskursen teil und die meisten unterstützen ihre Partnerin bei der Entbindung. Rund jeder fünfte Vater geht zumindest einige Monate in Elternzeit und nimmt das Elterngeld in Anspruch. Die große Mehrheit sieht sich nicht mehr allein in der Rolle des Ernährers, sondern übernimmt – mehr oder weniger selbstverständlich – pflegerische und erzieherische Auf-gaben im Alltag.

entdeckt. Ein immer noch beträchtlicher Anteil bleibt alten Rol-lenmustern verhaftet oder fällt – wenn die Kinder erst einmal da sind – trotz zuvor gegenteiliger Absichten in sie zurück. Zahlreiche Männer sind verunsichert und verschieben ihren eigentlich vorhandenen Kin-derwunsch immer weiter nach hinten. Immerhin rund jeder vierte Mann verzichtet sogar dauerhaft auf das Abenteuer Kinderkriegen.

Dabei ist es zu kurz gegriffen, die weiterhin bestehenden Probleme durch unsichtbare, sich entziehende oder entschwindende Väter allein mit der „Natur des Mannes“ zu erklären. Rollenerwartungen beider Geschlechter und gesellschaftliche Hindernisse kommen hinzu. Zu den Hürden, die eine gleichberechtigte Verantwortungsübernahme durch Väter behindern, gehören das weiterhin bestehende Einkom-mensgefälle zwischen Männern und Frauen und die dramatische Un-terbewertung der so genannten frauentypischen Berufe.

Auch in rechtlicher Hinsicht wird die Verantwortung der Väter gestärkt. Dies gilt besonders für die wachsende Zahl der nicht miteinander ver-heirateten Eltern. Die bestehende Gesetzeslage, der zufolge ledige Väter nur dann das Sorgerecht erhalten können, wenn die Mutter des Kindes dem zustimmt, hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich mangels Möglichkeit einer Kindeswohlprüfung für verfassungswidrig erklärt. Die Bundesjustizministerin kündigte bereits an, dass nun der Gesetzgeber tätig werden muss, um das Elternrecht des ledigen Va-ters mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen.

Handlungsbedarf besteht auch in politischer Hinsicht. Elemente einer vätersensiblen Familienpolitik könnten sein: Ausbau der Vätermonate in der Elternzeit, Einführung von Arbeitszeitkonten, Orientierung be-trieblicher Zeiten an Familienzeiten, Erleichterung des Wechsels zwi-schen Voll- und Teilzeit. Nicht zuletzt könnte die Politik dem Trend der immer älteren Väter entgegentreten. Denn der Altersdurchschnitt der Männer, die zum ersten Mal Vater werden, liegt über dreißig Jahre. Warum also nicht die Rahmenbedingungen dafür verbessern, dass nicht nur Beruf und Familie, sondern auch Ausbildung und Vaterschaft simultan möglich werden?

Mit herzlichen Grüßen

Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind
Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind

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