fK 3/07 STEEP

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Schritte zu gelingender Elternschaft – STEEP™
(Steps toward effective and enjoyable parenting)

Ein bindungstheoretisch fundiertes Frühinterventionsprogramm für psychosozial mehrfach belastete Familien

von Gabriele Koch und Bärbel Derksen

Dieser Tage steht für zehn junge Mütter ein besonderer Abschied an. Gemeinsam mit den Partnern und Kindern – keines älter als zwei Jahre – wird das Ende einer Zeit der Gemeinsamkeit begangen. Gut zwei Jahre mit dem STEEPä-Programm sind vorüber. Nicht allen ist nur nach Feiern zumute. Wahrscheinlich gehen die jungen Frauen mit gemischten Gefühlen aus diesem Abschiedsfest.

Stolz beladen mit einem bunten Ordner voller Erinnerungen und gemeinsam erarbeiteter Themen und Materialien, die allesamt mit ihrer Rolle als Eltern und der unglaublich spannenden aber auch krisenanfälligen Entwicklung ihres Kleinkindes zu tun haben. Sogar eine Urkunde weist sie als STEEP™-Mütter aus, die sich schon während der Schwangerschaft entschlossen haben, die Umbruchphase im Übergang zur Elternschaft mit einer Gruppe junger Mütter und einer stetig begleitenden STEEP™-Beraterin gemeinsam in Angriff zu nehmen. Gleichwohl wird sie der Abschied auch verunsichern oder schmerzen. Denn Trennungen und der begleitende Schmerz sind auch diesen Müttern nicht unbekannt. Bindung und Trennung, die beiden Seiten der Medaille „Beziehung“, stehen im Mittelpunkt der STEEP™-Arbeit.

Die zehn exemplarisch benannten Mütter gehören zu einem Kreis von insgesamt etwa 60 jungen Frauen, die sich in der Zeit von Herbst 2004 bis Mitte 2007 im Rahmen eines anwendungsorientierten Forschungsprojektes („Frühe Hilfen für Kinder und ihre Familien – STEEP™“, Kooperationsprojekt der FH Potsdam und der HAW Hamburg, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung) in Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Berlin und Hamburg am deutschlandweit ersten Durchgang des STEEP™-Programms beteiligt haben. Durch ihre Gynäkolog(inn)en, Hebammen, Schwangerschaftskonfliktberater(innen) oder durch den ASD der Jugendämter ermutigt, willigten sie ein, sich dieses neue Programm für werdende Eltern näher vorstellen zu lassen.

Die Mütter haben viel geleistet in diesen beiden Jahren und auch den STEEP™-Beraterinnen ist anzumerken, dass sie stolz darauf sind, mit dem STEEP™-Konzept einen ganz neuen präventiven Ansatz in Deutschland auf den Weg gebracht zu haben. Durch umfassende Fortbildung, Selbsterfahrung, Supervision und Teamreflexion unterstützt, erarbeiteten sie individualisierte Handlungsansätze, um den Bindungsaufbau zwischen Eltern und Kind in mehrfach belasteten Familien als Schutzfaktor für die kindliche Entwicklung zu fördern. Mit viel Durchhaltevermögen versuchten sie, die STEEP™-Prinzipien in den Familien wirksam werden zu lassen. Es wird schwerpunktmäßig mit und in Beziehung gearbeitet, der Fokus der STEEPä-Arbeit liegt auf den Stärken innerhalb der Eltern-Kind-Dyade bzw. -Triade und jede Intervention ist auf die Gegebenheiten der sozialen und familiären Unterstützungssysteme abgestimmt.

Die Hausbesuche und Gruppentreffen, die im wöchentlichen Wechsel stattfinden, sind durch eine kreative Methodenvielfalt gekennzeichnet. Das bindungstheoretisch fundierte STEEP™-Konzept setzt auf drei Ebenen an: (1) die Eltern-Kind-Interaktion wird durch ein Training der Feinfühligkeit durch videozentrierte Intervention nach dem Prinzip „seeing is believing™“ gefördert; (2) die elterlichen Repräsentationen über das Kind und über Beziehung werden nach dem Prinzip „looking back–moving forward™“ durch das Erinnern eigener Bindungserfahrungen und deren Bedeutung für die aktuelle Eltern-Kind-Beziehung reflektiert; (3) die aktuelle Beziehung zwischen Mutter und STEEP™-Beraterin ist von Seiten der Beraterin modellhaft durch Kontinuität, Zuverlässigkeit und Vorhersehbarkeit gekennzeichnet und damit die Grundlage von Beziehungsaufbau und -aufrechterhaltung.

Die vorläufigen Erkenntnisse aus unserem Forschungsprojekt sind ermutigend. Wird dieser Ansatz bindungsorientierter Frühintervention für psychosozial mehrfach belasteten Familien in Deutschland regelhaft Verbreitung finden? Auch für Kostenträger kann ein Perspektivenwechsel lohnenswert sein!

Gabriele Koch und Bärbel Derksensind Diplom-Psychologinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an der Fachhochschule Potsdam und als freie Mitarbeiterinnen in der Elternberatung „Vom Säugling zum Kleinkind“ an der Fachhochschule Potsdam tätig.

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