fK 3/05 Umgang gelingen

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Wie der Umgang gelingen kann

Gespräche mit dem Kind über die Umgangsregelung

Es ist für das Kind wichtig, von den Eltern über die von ihnen vereinbarte Umgangsregelung ausführlich und zeitnah informiert zu werden. Das schafft Verlässlichkeit und erleichtert es dem Kind, mit den eigenen Erwartungen umzugehen und den Alltag zu planen. Von großer Bedeutung ist für das Kind auch zu erfahren, dass beide Eltern sich gemeinsam auf eine Regelung verständigt und dabei die Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt haben.

Am besten ist es, wenn die Eltern dem Kind in einem gemeinsamen Gespräch die Umgangsregelung erläutern. Das Kind sollte in solche Entscheidungen einbezogen werden, bei denen die Eltern ihm ein Mitspracherecht einräumen wollen und können. Um das Kind nicht in Loyalitätskonflikte zu stürzen, sollte nicht über Fragen gesprochen werden, die zwischen den Eltern strittig sind. In einem Vorgespräch ohne Beteiligung des Kindes sollten sie die Themen eines gemeinsamen Gesprächs festlegen und abmachen, über was sie mit dem Kind sprechen wollen und welche Themen nicht behandelt werden sollen. Nicht das Trennende, sondern das Verbindende sollte in dem Gespräch mit dem Kind betont werden. Im Verlauf des Gesprächs sollte auch das Kind nach seiner Meinung zu der getroffenen Regelung gefragt werden. Wenn das Kind Wünsche äußert, können diese möglicherweise berücksichtigt werden.

Bei älteren Kindern sollten die Eltern ihre Regelung von der aktiven Mitwirkung des Kindes oder Jugendlichen abhängig machen. In einem vorgegebenen Rahmen können Kinder und Jugendliche mit zunehmendem Alter auch selbst Entscheidungen treffen. Eine Regelung, an deren Zustandekommen das Kind oder der Jugendliche beteiligt war, ist viel tragfähiger, als wenn eine solche Beteiligung nicht stattgefunden hat.

Sich gegenseitig informieren

Beide Eltern sollten über alle wichtigen das Kind betreffenden Angelegenheiten gleichermaßen informiert sein. Zu diesen Informationen gehören die Namen von Freundinnen und Freunden sowie wichtiger Bezugspersonen des Kindes wie Erzieher(in), Lehrer(in) usw. Auch bedeutsame Ereignisse im Alltag und Auffälligkeiten und Probleme, die das Kind äußert, sollten beiden Eltern bekannt sein.

Die Eltern sollten daher vereinbaren, sich regelmäßig und bei Bedarf zeitnah über wichtige Ereignisse zu informieren. Es kann sinnvoll sein, in größeren Abständen ein gemeinsames Gespräch zwischen beiden Eltern zu vereinbaren, um sich in Ruhe über die Entwicklung des Kindes auszutauschen. Hilfreich kann auch sein, wenn beide Eltern für sich wichtige Daten und Entwicklungen des Kindes schriftlich festhalten. Das Kind sollte wissen, dass die Eltern sich über wichtige Dinge austauschen.

Die Übergabe: Was zu beachten ist

Die Übergabe, wenn also das Kind von dem einen zum anderen Elternteil geht, gehört zu den wenigen Situationen, in denen das Kind die Eltern nach deren Trennung und Scheidung gemeinsam erlebt. In diesen Situationen erfährt das Kind ganz praktisch, ob die Eltern in der Lage sind, ihre Elternaufgaben weiterhin gemeinsam wahrzunehmen.

Die Übergabesituation sollte nicht zu knapp kalkuliert werden. Im Idealfall schaffen es die Eltern, sich noch kurz zusammen zu setzen und zu unterhalten. Dabei sollte vorher vereinbart sein, dass kein Konfliktthema zur Sprache kommen darf. Bewährt hat sich, das Kind erzählen zu lassen, was es beim abgebenden Elternteil erlebt hat. Auch für ein kritisches Gespräch über die Entwicklung des Kindes ist hier nicht der richtige Ort. Für solche Besprechungen empfehlen sich ein Telefonat oder ein persönliches Treffen in Abwesenheit des Kindes.

Übergabesituationen sind für Kinder anstrengend und sie können daher Scheu entwickeln, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Es ist verständlich, wenn sich das Kind nicht gleich über den Wechsel zum anderen Elternteil freut. Diese Zurückhaltung kann mit der Situation der Übergabe zu tun haben und muss nicht etwas darüber aussagen, ob sich das Kind bei dem Elternteil wohl fühlen wird, zu dem es gerade wechselt.

Für Kinder ist es von großer Bedeutung, dass Eltern Umgangsabsprachen einhalten. Pünktlichkeit und Verlässlichkeit erfährt das Kind als Wertschätzung seiner Person. Um Unwägbarkeiten zum Beispiel durch wechselnde Verkehrssituationen einzukalkulieren, kann es sinnvoll sein, einen bestimmten Zeitraum (z.B. eine Viertelstunde) als tolerierbare Verspätungszeit zu vereinbaren. Im Falle unvorhersehbarer Ereignisse, die zu einer Verspätung oder sogar Absage des vereinbarten Umgangs führen, sollten sich die Eltern sofort verständigen und das Kind informieren.

Mit dem Kind über den anderen Elternteil sprechen

Es gehört zu den natürlichen Bedürfnissen des Kindes, über den anderen, nicht anwesenden Elternteil zu sprechen. Das Kind drückt dadurch seine Verbundenheit mit beiden Eltern aus. Auch wenn für Eltern solche Gespräche häufig schmerzhaft sind, sollten sie diese im Interesse des Kindes nicht unterbinden.

Wenn Kinder sich negativ über bestimmte Erziehungspraktiken des anderen Elternteils äußern, ist die Versuchung groß, das Kind zum Verbündeten zu machen. Selbst wenn das Kind dadurch kurzfristig entlastet wird, ist ihm damit nicht geholfen. Im Gegenteil: Die sich dann auftuende Kluft zwischen den Eltern führt langfristig bei dem Kind zu Beunruhigung und Konflikten.

Gespräche in Kindertageseinrichtung und Schule

Für das Kind ist wichtig, dass sich beide Elternteile für sein Wohlergehen und seine Entwicklung interessieren. Dies vermittelt dem Kind das Gefühl, bei den Eltern auch im Falle auftretender Schwierigkeiten Verständnis zu finden und Rückhalt zu haben.

Das Interesse der Eltern an der Situation des Kindes bei einer Tagesmutter, in der Kindertageseinrichtung oder in der Schule zeigt sich vor allem im Alltag durch interessierte Teilhabe an den Erzählungen des Kindes oder durch Hilfe zum Beispiel bei den Schularbeiten. Wenn Eltern ihr Kind zu der Tagesmutter, in die Tageseinrichtung oder in die Schule begleiten, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten zwangloser Tür-und-Angel-Gespräche.

Elternabende und die Vertretung des Kindes auf Elternversammlungen haben demgegenüber einen offiziellen Charakter. Im Falle des gemeinsamen Sorgerechts sind beide Eltern vertretungsberechtigt. Die Eltern sollten sich absprechen, wer die Vertretung wahrnimmt und auf welche Weise sie sich gegenseitig über die Ergebnisse von Elterngesprächen informieren. Wichtige Fragen wie zum Beispiel die Auswahl der für das Kind geeigneten Schule oder ein bevorstehender Schulwechsel müssen zwischen den Eltern vorab besprochen werden. Auf jeden Fall sollten die Eltern vermeiden, Meinungsverschiedenheiten auf Elternabenden oder anderen schulischen Veranstaltungen auszutragen. Kinder werden durch ein solches Verhalten der Eltern bloßgestellt.

Wenn ein Elternteil allein sorgeberechtigt ist, kann das Kind nur durch ihn auf Elternversammlungen vertreten werden. Aber auch in diesem Fall sollte der nicht sorgeberechtigte Elternteil über wichtige Entwicklungen des Kindes in Kindergarten oder Schule informiert werden.

Loyalitätskonflikte: Die Kinder leiden darunter

Es gehört zum Elternsein, dass Mutter und Vater in ihrem Erziehungsstil nicht vollständig übereinstimmen. Kinder sind durchaus in der Lage, mit unterschiedlichen Erziehungsstilen umzugehen. Sie können davon sogar profitieren, denn sie lernen, wie es möglich ist, mit unterschiedlichen Methoden zum gleichen oder zumindest zu einem ähnlichen Ziel zu kommen. Dies ist eine Voraussetzung für den Umgang mit Alternativen.

Wenn aus Unterschieden allerdings Rivalität wird, die Eltern den Stil des jeweils anderen nicht respektieren, dann leidet darunter das Kind. Da es sich beiden Eltern gegenüber verpflichtet fühlt, verliert es die Orientierung und weiß nicht mehr, wie es sich verhalten soll. Es gerät in einen Loyalitätskonflikt. Viele Kinder reagieren dann mit innerem Rückzug. Sie wollen es beiden Eltern recht machen und müssen daher ständig auf der Hut sein, sich nicht falsch zu verhalten und einen Elternteil zu „verraten“. Um die Eltern nicht zu brüskieren, verbergen sie lieber ihre Gefühle. Das ist für das Kind anstrengend und kann auf Dauer zu seelischen oder körperlichen Auffälligkeiten führen.

Eine andere Reaktion auf Loyalitätskonflikte kann darin bestehen, dass sich das Kind zeitweise oder ganz auf die Seite eines Elternteils schlägt. Dies schafft kurzfristig Entlastung, aber der Preis hierfür ist hoch. Das Kind erlebt seine Beziehung zum anderen Elternteil als belastet und befürchtet, sie ganz zu verlieren.

Mutter und Vater sollten dem Kind daher zu verstehen geben, dass sie den Erziehungsstil des anderen akzeptieren und auch vom Kind erwarten, dass es dies tut. Sie sollten den anderen Elternteil nicht beschimpfen, dessen Zuhause nicht vor den Kindern schlecht machen und sich davor hüten, Feindseligkeiten gegenüber dem ehemaligen Partner oder der Partnerin auf dessen ganze Familie auszuweiten.

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