fK 3/04 Verbände

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Aus den Verbänden/Leserbrief

Hebammenhilfe im Geburtshaus: Aber sicher

Geburtshäuser haben sich in der Geburtshilfe als sichere dritte Möglichkeit neben Haus- und Klinikgeburt etabliert. Dies belegen aktuelle Zahlen. Geburtshäuser sind Zentren für Geburtshilfe und Hebammenhilfe von Beginn der Schwangerschaft an. Sie bieten Schwangerenvorsorge, Geburtsvorbereitung, Geburtshilfe, häusliche oder stationäre Wochenbettversorgung, Beratung und Kurse in der Umstellungsphase der jungen Familie – alles unter einem Dach. Bundesweit gibt es inzwischen über 100 Geburtshäuser. Jährlich steigt die Zahl der Neugründungen. Mehr als die Hälfte davon haben sich zusammengeschlossen im Netzwerk der Geburtshäuser in Deutschland e.V.

Hebammen und Frauen entscheiden sich für Geburtshäuser, weil sie erleben, dass die kontinuierliche Betreuung eine besondere Sicherheit unter der Geburt schafft. „Die 1:1 Betreuung unter der Geburt trägt entscheidend zu einer interventions- und verletzungsarmen Geburt bei, die den Frauen ermöglicht, die Geburt ihres Kindes aus eigener Kraft und ohne betäubende Medikamente zu erleben“, bestätigt Karin Alscher, Geschäftsführerin des Netzwerks der Geburtshäuser in Deutschland e.V. Dies belegen neben vielen anderen Studien auch die Zahlen im Qualitätsbericht 2002 der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG e.V.): Dammschnittrate 6,2%, Weiterleitung in die Klinik 12,5%. Eine Untersuchung der Geburtshausgeburten von 1999 bis 2002 bestätigt ein gutes Management der Verlegungen und der Verlegungszeiten. Die Hälfte der verlegten Frauen gebären auch in der Klinik noch spontan. Nur ein Drittel der verlegten Frauen erhält einen Kaiserschnitt. Diese Ergebnisse sind auch auf die gute Kooperation zwischen den Geburtshäusern und den Kliniken zurückzuführen.

Im Rahmen seiner Arbeit für eine frauen- und familienorientierte, sichere Geburtshilfe hat das Netzwerk gemeinsam mit den Hebammenberufsverbänden, den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen ein umfangreiches Qualitätsmanagement für Geburtshäuser entwickelt, das zur Zeit bundesweit in vielen Geburtshäusern eingerichtet wird.

Dennoch arbeiten Hebammen in Geburtshäusern zur Zeit unter erschwerten Bedingungen: Anders als in Kliniken werden die Betriebskosten für die Geburtshausgeburt von den meisten Kassen nicht von vornherein übernommen. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Geburtshausgeburt, die deutlich kostengünstiger ist als die vergleichbare Klinikgeburt, nicht übernommen wird. Der Wunschkaiserschnitt mit Kosten über 2.500,- Euro wird hingegen komplett erstattet,“ so Ilse Hörwick, Vorstandsfrau im Netzwerk der Geburtshäuser.

Einige Krankenkassen haben bereits reagiert. Die BKK Securvita und die Bundesknappschaft haben Verträge mit den Geburtshäusern abgeschlossen. Der BKK Bundesverband hat gemeinsame Empfehlungen mit dem Netzwerk veröffentlicht. Auch die Spitzenverbände der Krankenkassen haben gemeinsam mit dem Netzwerk der Geburtshäuser bei einem Gespräch im Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung (BMGS) die gesetzliche Verankerung der Geburtshäuser gefordert. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde im Juni 2003 eingereicht. Die Vertragspartner warten bisher vergeblich auf die Umsetzung seitens des BMGS

Pressemitteilung des Netzwerks der Geburtshäuser vom 4.5.2004

Europäische Vereinbarungen zur Kinderbetreuung in Tagespflege gefordert

Vertreter(innen) aus Tagespflege-Organisationen und weitere Fachkräfte aus Deutschland, Belgien, Österreich und der Schweiz haben eine gemeinsame Vereinbarung verabschiedet mit dem Ziel, Grundsätze für eine EU-Empfehlung zur wechselseitigen Anerkennung und Vereinheitlichung von Rechtsvorschriften und Standards zur Qualität der Kinderbetreuung in Tagespflege zu erarbeiten und zu veröffentlichen.

Grundsätze zur Kinderbetreuung

– Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, formuliert in der UN-Kinderrechtskonvention, ist Grundlage allen Handelns.

– Bildung für jedes Kind beginnt mit seiner Geburt und ist eine gesellschaftliche Investition in die Zukunft.

– Eltern und Staat sind verantwortlich für das Wohl des Kindes.

– Jedes Kind hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung (Bildung, Erziehung und Betreuung).

– Eltern müssen die Wahl zwischen verschiedenen Betreuungsangeboten haben, die in Qualität und Kosten vergleichbar sind.

– Die Tagesbetreuung von Kindern ist ein entscheidender Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies ist ein bedeutsamer Faktor zur wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Standortsicherung der jeweiligen Länder.

Entwicklung von Qualitätsstandards

In Verantwortung für die Kinder und die Tagespflegepersonen ist der qualitative Ausbau der Kinderbetreuung in Tagespflege von besonderer Bedeutung. Zur Ausgestaltung dieses Leistungsangebotes bedarf es einer Richtlinie, in der die Verantwortung der europäischen Länder für die Entwicklung und Sicherstellung entsprechender Qualitätsstandards für die Tagesbetreuung von Kindern in Familien verankert ist.

Die Kinderbetreuung in Tagespflege, insbesondere für Kinder in den ersten Lebensjahren, ist seit Jahrzehnten eine bewährte und anerkannte Betreuungsform mit eigenem Profil. Sie findet statt in einem familiennahen Kontext, bietet Kindern eine andere Lebenswelt, einen eigenen Erfahrungsraum und ermöglicht den Erwerb von Alltagskompetenz.

Dies erfordert eine geeignete Qualifizierung der Tagespflegepersonen, die in einer Vergleichbarkeit zu anderen pädagogischen Berufen stehen und abgesichert sein muss. Für Eltern und Tagespflegepersonen sind neben der Qualifizierung Beratung, Vermittlung und Praxisbegleitung durch sozialpädagogische Fachkräfte sicher zu stellen. Dies alles beinhaltet die Bereitstellung von Finanzmitteln für den erforderlichen Personal- und Sachkostenaufwand durch die öffentliche Hand.

Schritte in die Zukunft

Die unterzeichnenden Organisationen und Fachkräfte fordern EU-weit:

– Teilhabe an Bildung für jedes Kind

– Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit der Tagesbetreuung von Kindern in Einrichtungen und der Kinderbetreuung in Tagespflege

– Entwicklung und Sicherstellung der notwendigen Qualitätsmerkmale für die Tagespflege in einer EU-Richtlinie

– Rechtliche Rahmenbedingungen für das Arbeitsfeld Tagespflege

– Leistungsgerechte Bezahlung

– Anerkennung der Kinderbetreuung in Tagespflege als Beruf

Die Qualitätsmerkmale für die strukturelle und inhaltlich-fachliche Umsetzung der Kinderbetreuung in Tagespflege sind in einer EU-Richtlinie zu verankern.

tagesmütter Bundesverband e.V.
Breite Str. 2, 40670 Meerbusch
Tel.: 02159-1377, Fax: 02159-2020

www.tagesmuetter-bundesverband.de

Leserbrief

Familienfreundlichkeit auf Kosten der Kinder?

frühe Kindheit (Ausgabe 1/04) mit dem Thema „Wahlrecht von Geburt an“ gleicht einem Forum für Politiker. Wie aus vielen Beiträgen zu entnehmen ist, sehen die Befürworter darin die Verwirklichung von mehr Demokratie und familienfreundlicher Politik.

Nur, was ist mit familienfreundlicher Politik gemeint? Neben finanzieller Besserstellung der Familien lautet die am häufigsten gegebene Antwort: „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. Und damit eng verbunden:“Ausbau der Kinderbetreuungsangebote“ bzw. „Flächendeckende Ganztagsbetreuung“. Seit Jahren wird dies aus den Parteien heraus als etwas Erstrebenswertes verkündet, teils sogar mit sehr großem Eifer. Diese Art Fürsorge ist sicher manchen jungen Eltern willkommen, wird auch ihre Wahlentscheidung mit beeinflussen. Ob diese Vorstellung von Familienfreundlichkeit den Zusammenhalt der Familien stärkt, ob sie dem Wohl des Kindes dient, ist freilich eine andere Frage.

Was bringt dieses Wahlrecht von Geburt an dem Kind, wenn damit eine Politik durchgesetzt wird, die ihm ein flächendeckendes Kollektiv-Dasein in Aussicht stellt, den steigenden öffentlichen Zugriff nach ihm „vollkommen“ macht? Und das gar noch, wie jüngst vorgeschlagen wurde, mit einem gesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf einen Krippenplatz? Da bleibt keine Wahl!

Wahlrecht von Geburt an klingt nach einer Errungenschaft für das Kind. Nur, zur gleichen Zeit kann dieses Kind ein anderes Wahlrecht immer weniger nach seinem Bedarf in Anspruch nehmen. Und zwar nicht irgendein Recht, sondern das fundamentalste und natürlichste aller Kinderrechte, das Grundrecht auf die verlässliche Nähe der Mutter als der wichtigsten Person im Leben des Kindes. Dieses Recht gehört zu den unveräußerlichen Grundrechten, die sich aus den von der Natur geschaffenen Gesetzen ergeben. Die lassen sich bekanntlich nicht ungestraft übergehen.

Ich fürchte, wir führen die Debatte um das Wahlrecht weit entfernt von diesen unveräußerlichen Grundrechten, weit entfernt von der Alltagssituation des Kindes, vor allem von der bedenklichen bis alarmierenden Verfassung unglaublich vieler Kinder in unserer Gesellschaft. Es ist ein regelrechter psychischer Notstand, gravierender, folgenschwerer als der so genannte Bildungsnotstand und für die Kinder unerträglich. Auch weil sich das Unbehagen, weil sich Ängste, Konflikte, alles was den Notstand ausmacht, meist im Verborgenen abspielt, das Kind damit allein gelassen ist. In Erscheinung treten früher oder später die unterschiedlichsten, zum Teil selbst „gewaltigen“ Früchte aus diesem Zustand, die dann in der Regel dem Kind angelastet werden. Eine fatale Situation, und mit Sicherheit das Resultat „großzügiger“ Vernachlässigung unveräußerlicher Kinderrechte und Bedürfnisse!

Solange wir hier und weltweit dem psychischen Bereich so wenig Beachtung geben, seine Be-Friedigung vernachlässigen, kann die kleine und die große Welt nicht friedlicher werden. Es wäre wunderbar, die Liga würde sich wieder intensiv und allgemeinverständlich diesem befriedenden Bedarf widmen!

Monika Kießling, Bad Windsheim

Hinweis der Redaktion: Unter der Überschrift „Kindeswohl und Tagesbetreuung“ hat Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind, in frühe Kindheit 1/04 die Position der Liga zu Chancen und Risiken der Tagesbetreuung von Kindern dargestellt.

Nachruf auf Prof. Dr. Walter Masing
Vorsitzender des Lions-Governorrates 1974/75

Am 29. März 2004 ist unser persönliches Mitglied Prof. Walter Masing im Alter von 88 Jahren verstorben. Im Lionsjahr 1974/75 war er Vorsitzender des Lions-Governorrates; er erkannte die umfassende Dimension der jungen Lions-Activity „Kind-Familie-Gesellschaft“ und machte sie zum Schwerpunkt des gesellschaftspolitischen Engagements aller deutschen Lionsclubs.

Um die Bedeutung dieser Activity zu unterstreichen stellte er sie in einer Podiumsdiskussion in den Mittelpunkt der Gesamt-Distriktversammlung im Juni 1975 in Bad Kissingen. Namhafte Fachleute behandelten die gesellschaftlichen Folgen frühkindlicher Fehlentwicklung. Die anwesenden Delegierten der deutschen Lionsclubs waren beeindruckt und viele wurden motiviert, ihre Clubs für diese Activity zu gewinnen.

Es ist der Liga für das Kind ein Anliegen und eine Verpflichtung, das große Verdienst ihres Mitgliedes Prof. Masing an der Gründung der Liga für das Kind anlässlich seines Todes angemessen zu würdigen.

Dr. Klaus G. Conrad

Ehrenpräsident der Deutschen Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft

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