25 Jun fK 2/09 Bekd
Pflegeberatung: Kinder schützen und Kindergesundheit stärken
Die Position des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege (BeKD) zu Pflegestützpunkten und Pflegeberatung für Kinder
Pflegestützpunkte bieten für pflegebedürftige Kinder und ihre Familien eine großartige Chance, die Kindergesundheit zu verbessern und Kinder aktiv und „wohnortnah“ zu schützen.
Kinder brauchen Pflegeberatung
In Deutschland leben circa drei Millionen Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen, darunter sind Kinder mit genetischen Fehlbildungen und mit zum Teil schweren und schwersten Behinderungen (120.000 Betroffene). Insgesamt sind rund 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen chronisch krank und weitere 10 bis 20 Prozent (je nach Definition) durch Entwicklungsstörungen beeinträchtigt.
Insbesondere Kinder nach einem erschwerten Start ins Leben (Frühgeburtlichkeit, Mehrlingsgeburten, angeborenen oder erworbenen Krankheiten oder Behinderungen) sind in ihrer gesunden Entwicklung gefährdet. Sie benötigen über die stationäre Betreuungszeit hinaus eine intensive pflegerische und medizinische Betreuung, die von den Eltern geleistet und organisiert werden muss. Immer mehr Mütter und Väter stehen alleine vor der Aufgabe, ihr chronisch krankes und pflegebedürftiges Kind zu betreuen, da es immer weniger Familienverbände gibt, die Unterstützung leisten können.
Die Zugangswege und Wegweiser zu kompetenten Hilfsangeboten und Informationsquellen speziell für Familien von chronisch kranken und pflegebedürftigen Kindern sind in Deutschland unzureichend, wie eine bundesweite Kindernetzwerkstudie festgestellt hat (Kindernetzwerk 2005). Danach fühlen sich 59 Prozent der Familien überfordert; von 47 Prozent der Eltern, die Hilfe im Umgang mit den Geschwistern benötigten, haben nur 15 Prozent diese Hilfe erhalten.
Kinder haben ein Recht auf Pflegeberatung
Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz sieht in § 92c Pflegestützpunkte vor, mit denen wohnortnah auch die Beratung pflegebedürftiger Menschen, unabhängig vom Alter, gewährleistet wird (§ 7a Abs. 1). Die in dem Gesetz vorgegebenen Aufgaben der Pflegestützpunkte sind umfassend. Dazu gehören die Auskunft und Beratung zu Rechten und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die Koordinierung der wohnortnahen Versorgung und Betreuung sowie die Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote. Selbstverständlich haben somit auch Kinder und ihre Familien ein Recht auf Pflegeberatung.
Kinder brauchen spezielle Pflegeberatung
Eine Beratung im Sinne des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes erfordert eine hohe fachliche Qualifikation der Berater(innen). Diese soll, entsprechend § 7a Abs 3 durch Pflegefachkräfte und Sozialversicherungsfachangestellte mit den jeweils erforderlichen Zusatzqualifikationen wie Case-Management oder Sozialrecht sichergestellt werden. Die Bedürfnisse von pflegebedürftigen und chronisch kranken Kindern und ihren Familien unterscheiden sich erheblich von dem Hilfebedarf, den alte Menschen benötigen. Für die Beratung sowie für die Erstellung eines Versorgungsplans, wie es gemäß §7 gefordert wird, bedarf es der speziellen Kenntnisse der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Um den Anforderungen gerecht zu werden, muss deshalb die oder der Beratende über eine Grundausbildung in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege verfügen und eine entsprechende Expertise vorhalten.
Die Pflegestützpunkte bieten die gute Chance, die Versorgung der chronisch kranken und pflegebedürftigen Kinder und ihrer Familien zu erleichtern, indem z. B. professionell ein Pflegeplan erarbeitet wird und eine Koordinierung der Hilfen erfolgt.
Kinder schützen und Kindergesundheit stärken
Durch den Einsatz von Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen) in wohnortsnahen Pflegestützpunkten bietet sich die reale Chance, dem sozialen Auftrag, die Gesundheit und den Schutz der Kinder in Deutschland zu verbessern, gerecht zu werden. Die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege verfügt auch über die Kompetenzen zum präventiven Handeln. Sie ist prädestiniert, ihre spezielle Expertise in direkte notwendige und praktische Hilfen für die verschiedenen Familiensysteme/Kinderwelten umzusetzen.
Die gesellschaftliche Aufgabe, die Kindergesundheit zu erhalten und zu stärken, erfüllen Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen) optimal, besonders wenn sie wohnortnah von den Pflegestützpunkten aus – und möglichst als aufsuchende Hilfe – den Familien in der Umgebung Angebote für die Gesundheitsprävention unterbreiten. Der persönliche Kontakt, der durch die Wohnortnähe gegeben ist, wird für viele Familien die Hemmschwelle, eine „Gesundheits- oder Sozialeinrichtung“ aufzusuchen, stark reduzieren.
Optimalerweise suchen die Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen) die Familien, die aus sozialen, finanziellen oder sprachlichen Gründen nicht den Weg in eine Gesundheitsbehörde finden und nur im Notfall den Arzt konsultieren, zuhause auf. Das Ziel ist, alle Kinder und ihre Familien über ein „niederschwelliges Gesundheitsangebot“ der Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(in) in das regionale Netz der sozialen und gesundheitsfördernden Angebote aufzunehmen. Die Vernetzung der sozialen Angebote mit den Pflegestützpunkten ist Voraussetzung und unabdingbar.
Fazit
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen) können in Deutschland in einem Pflegestützpunkt wichtige gesellschaftliche und sozialrechtlich manifestierte Aufgaben für die Kinder wahrnehmen:
– die Beratung und Koordination nach dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz (SGB XII § 92);
– die Pflegeberatung und Erstellung eines Versorgungsplans gemäß § 7;
– die Stärkung der Kindergesundheit durch gezielte Prävention (SGB V);
– Schutz von gefährdeten Kindern im Rahmen der Frühwarnsysteme entsprechend SGB VIII.
Voraussetzung für ein reibungsloses Funktionieren ist eine Vernetzung und Abstimmung der Kostenträger, so dass in jedem Pflegestützpunkt eine Stelle für eine(n) Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(in) finanziert werden kann.
„Wir verwirklichen zusammen Großes für Kleine“
Der Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e.V.
Zahlreiche Veränderungen im bundesdeutschen Gesundheitssystem stellen die Interessenvertretung der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege vor immer neue Herausforderungen. Der BeKD. e.V. vertritt Fachkräfte, die sowohl mit Krankheit als auch mit Gesundheit von Kindern und Jugendlichen umgehen können.
Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention benennt die zentralen Ziele der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege: „Das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit und das Recht auf Zugang zu entsprechenden Gesundheitsdiensten.“ Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einer Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, die geprägt ist durch differenzierte Kompetenz, verantwortliches Handeln und Fürsorge von Früh- und Neugeborenen, gesunden, akut und chronisch kranken Kindern und Jugendlichen, Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen sowie deren Eltern, Angehörigen und Betreuungspersonen.
Der erfolgreiche Einsatz für den Erhalt der eigenständigen Berufsbezeichnung und für die generalistische Ausbildung mit Schwerpunktbildung bereits in der Grundausbildung sind zentrale Elemente der BeKD-Strategie, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsfürsorge als die bedeutendsten Handlungsfelder zu etablieren – im klinischen, wie im außerklinischen Bereich.
Den Veränderungen im deutschen Gesundheitssystem stellt sich der BeKD e.V. in seiner in- und externen Gremienarbeit genauso, wie in der wirksamen Interessenvertretung und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Verbänden, darunter als Gründungsmitglied besonders im Deutschen Pflegerat.
Verantwortliches Handeln für Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Berufsfeldern und Organisationsformen der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, im Gesundheitswesen und in sozial- und bildungspolitischen Belangen setzt die aktive und kontinuierliche Übernahme der Verantwortung für eine professionelle Aus-, Fort- und Weiterbildung der berufstätigen Menschen in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege voraus. Dafür stehen die Gremienarbeit und Aufgabenfelder im Verbandsmanagement des BeKD, dafür setzten sich die regionalen Arbeitskreise und die Delegierten des Berufsverbandes der Kinderkrankenpflege Deutschland ein.
Stellungnahmen und Positionspapiere, wie jüngst zu „Pflegestützpunkten und Pflegeberatung für Kinder“ oder zum „Pflegebedarf von Kindern und Jugendlichen“, das gemeinsam mit der GKinD erarbeitet wird, dienen auch dem Anspruch, neue Handlungsfelder für die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege aufzuzeigen und zu besetzen. Jüngstes Beispiel ist das Weiterbildungsangebot zum/zur „Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in“, dessen Lehrplan in Kürze fertig gestellt wird. „Wir sind aufgrund unserer fachlichen Expertise für diese Aufgaben prädestiniert“, hebt die BeKD-Vorsitzende, Elfriede Zoller, hervor und ergänzt: „Zusätzliche Kompetenzen, die mit dieser Weiterbildung vermittelt werden, gewährleisten eine adäquate Versorgung und Betreuung auch in schwierigeren familiären Situationen.“
Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland (BeKD) e.V.
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover
Tel.: 0511-28 26 08, Fax: 0511-85 15 16
www.bekd.de
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