fK 4/04 Verbände

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Aus den Verbänden/Leserbriefe

Budapester Pikler-Institut braucht Unterstützung

Seit 1946 gibt es in Budapest ein ungewöhnliches Heim für Säuglinge und Kleinkinder: das von der Kinderärztin Emmi Pikler gegründete und nach ihr benannte Pikler-Institut, auch bekannt unter dem Namen Lóczy. Im Mittelpunkt steht hier die Pflege. Ob Wickeln, Baden, Anziehen oder Füttern, die Pflegerinnen schenken den Kindern ihre ungeteilte Aufmerksamkeit und achten sie als eigenständige Menschen, die an allem, was mit ihnen getan wird, ihren Fähigkeiten entsprechend beteiligt sind. Sie werden weder bloß versorgt, noch wird ein Pflegeprogramm absolviert. Die Pflege wird vielmehr von einem achtsamen Dialog begleitet, in dem die Pflegerin dem Kind ihre Handlungen beschreibt und auf seine Reaktionen eingeht. Hierdurch können die Kinder ein Grundvertrauen und eine innere Sicherheit entwickeln, die in Kinderheimen sonst kaum zu finden sind.

Die pflegerische Arbeit wird begleitet und unterstützt von der Forschungsarbeit, deren Ergebnisse in Fortbildungskursen auch einer wachsenden Zahl von Eltern und Fachleuten im In- und Ausland vermittelt werden. In Deutschland und Österreich arbeiten u. a. die „SpielRäume für Bewegung und selbständiges Entdecken“ nach den Erkenntnissen des Pikler-Instituts.

Durch Umstrukturierungen im Bereich der sozialen Institutionen im Gefolge der politischen Wende von 1990 wurde es für das Institut 1997 notwendig, den größten Teil der zu seinem Unterhalt benötigten Gelder durch Spenden aufzubringen. Die Förderung durch den ungarischen Staat deckt nur noch ein Drittel der Kosten. So engagieren sich die Association Internationale Pikler (Lóczy), die Pikler-Gesellschaften in den verschiedenen Ländern und der Verein Wege der Entfaltung e.V. für das Lóczy.

Durch den allgemeinen Spendenrückgang, eine staatlich verfügte Erhöhung der Gehälter und eine 25%ige Steuer auf die Einnahmen aus den Fortbildungskursen ist das Institut in den letzten Monaten in starke finanzielle Bedrängnis geraten. Seine Finanzierung ist gefährdet. Nun soll ihm durch Patenschaften eine stabilere Grundlage geschaffen werden. 1.800 Paten, die pro Monat 25 Euro überweisen, würden hierfür genügen.

Informationen über Andrea Oswald (Tel.: 03362-50 35 01) oder Carl Polónyi (Tel.: 030-342 95 09)

Tagung anlässlich des 75. Geburtstages von Jirina Prekop

Dr. Jirina Prekop hat im Oktober Geburtstag und macht sich zu diesem Anlass selbst ein großes Geschenk: Gemeinsam mit ihrer „Gesellschaft zur Förderung des Festhaltens als Lebensform und Therapie e.V“. lädt sie zum Kongress „Ohne Nestwärme kein freier Flug“ vom 14. bis 17. Oktober 2004 in Salzburg ein. Im Rahmen des Kongresses wird auch ihr 75. Geburtstag mit allen Teilnehmern gefeiert.

Prekops Herzensanliegen ist aus ihren zahlreichen Büchern und Vorträgen bestens bekannt: Es geht ihr um die Bewusstmachung der prägenden Bindung zwischen Kind und Mutter in den ersten drei bis vier Jahren (einschließlich der Zeit vor und unmittelbar nach der Geburt). Ohne diese Bindung verbunden mit bedingungsloser Liebe gelingt die Loslösung zum Ziel der inneren Freiheit schwer oder gar nicht.

Informationen und Anmeldung: CARPE DIEM, Sportplatzstraße 28, A-5700 Zell am See, Tel: 06542 – 55 286 – 0, E-Mail: carpediem.zell@aon.at

Leserbrief:
Kinderfreundliches Wahlrecht

Zu dem Leserbrief von Frau Monika Kiessling (frühe Kindheit 3/2004) mit der Überschrift „Familienfreundlichkeit auf Kosten der Kinder?“ möchte ich anmerken, dass Frau Kiessling das Thema „Wahlrecht von Geburt an“ zum Anlass nimmt, ihre Ansichten zum Thema Tagesbetreuung von Kindern darzulegen.

Nun hat aber das Thema „Wahlrecht von Geburt an“ mit den anderen beiden Themen nur indirekt etwas miteinander zu tun. Die politischen Parteien richten ihre Wahlprogramme an den Interessen ihrer potentiellen Wählerschaft aus. Diese Programme unterscheiden sich durchaus auch in dem Punkt, was unter Familienfreundlichkeit zu verstehen ist. Die demographische Entwicklung hat es nun mit sich gebracht, dass der Prozentsatz der älteren wahlberechtigten Bürger mit ihren generationsspezifischen Interessen immer höher und damit immer gewichtiger wird. Die Interessen der nicht wahlberechtigten Minderjährigen spielen zwar bei der Wahlentscheidung der verantwortungsbewussten Eltern schon jetzt eine Rolle, aber nur mit deren eigener Stimme, haben also kein eigenes Gewicht. Nur ein Beispiel dafür, wozu das geführt hat: Die Altersrenten sind dyamisiert, das Kindergeld ist es nicht. Hätten die 0 bis 18jährigen – über ihre Erziehungsberechtigten, in der Regel über ihre Eltern – eine Wählerstimme, würden sich alle Parteien intensiver als bisher um diese Bevölkerungsgruppe der Minderjährigen bemühen. Ich empfehle, die grundsätzlichen Ausführungen von Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit zu diesem Thema (frühe Kindheit 1/2004) noch einmal in Ruhe nachzulesen und die Argumente für und gegen das Wahlrecht von Geburt an vorurteilslos abzuwägen.

Oscar Schües, Hamburg

Leserbrief:
Warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?

Die in dem Beitrag „Mutterrolle – Vaterrolle. Zündstoff für die Partnerschaft?“ (frühe Kindheit 3/2004) von Gabriele Peitz referierten Befunde aus der LBS-Studie „Übergang zur Elternschaft“ beschreiben die vielfältigen Schwierigkeiten und Probleme sehr eindrücklich, die Mütter und Väter nach der Geburt ihrer Kinder hier zu Lande bewältigen müssen. Vielfach führt die „Retraditionalisierungsfalle“ in Sachen Arbeits- und Rollenteilung schon nach der Geburt des ersten Kindes zu einer erheblichen Unzufriedenheit zwischen den Partnern: die notwendigen Verhandlungs- und Problemlösungskompetenzen fehlen häufig, auf ein familienunterstützendes Netz kann in vielen Fällen nicht zurückgegriffen werden, denn viel zu lange galten Kinder in Deutschland als reine Privatsache. Ungünstige Rahmenbedingungen also, die den Gestaltungsspielraum der jungen Eltern erheblich einengen und dazu führen, dass sich insbesondere junge Mütter einige Jahre nach der Familiengründung in einer Lebenssituation wiederfinden, die sie so nicht gewollt haben: Haushalt und Kindererziehung fallen in ihren Zuständigkeitsbereich, ihre beruflichen Perspektiven schwinden trotz guter Ausbildungsabschlüsse, wohingegen Väter den Rückzug aus der Familie antreten und sich im Erwerbsleben ausagieren.

Darunter leidet die Beziehungsqualität zwischen den Eltern, die Kurven von Zärtlichkeit, Sexualität und gegenseitiger Wertschätzung weisen zum Teil steil nach unten. Kein Wunder also, dass diese Familienrealität andere junge Leute nicht unbedingt zur Nachahmung ermutigt.

Gleichwohl geht die Schlussfolgerung des Beitrags meines Erachtens in die Irre. Die stärkere Akzentuierung von egalitären Vorstellungen bei jungen Frauen, wie etwa vom Girls Day intendiert, kann doch nicht auf irgendwann verschoben werden, weil dadurch „zusätzlicher Zündstoff“ nach der Familiengründung entstehen kann! Hier würde ein intensiveres konzeptionelles Nachdenken über eine geschlechtergerechte Sozialisation von Jungen und Mädchen viel weiter führen. Schon im Kindergartenalter gilt es Jungen und Mädchen gleichermaßen zu vermitteln, dass Familien- und Sorgearbeit eben keineswegs „naturgemäß“ in den Zuständigkeitsbereich von Mädchen und Frauen fällt, sondern eine Aufgabe ist, die heute ebenso wie die Erwerbsarbeit von beiden Geschlechtern partnerschaftlich zu erledigen ist. Leider kommen solche Themen bei uns auch in den schulischen Curricula viel zu kurz, mit problematischen Folgen, wie die LBS-Studie zeigt.

Auch hier können wir von anderen europäischen Ländern lernen. So führte ein geschlechtergerechtes Projekt zur Vorschulerziehung in Schweden zu erstaunlich positiven Auswirkungen: Jungen entwickelten Respekt und Verständnis für die Bedürfnisse anderer Kinder, verbesserten ihre Feinmotorik und lernten zu warten, bis sie an der Reihe sind. Mädchen wagten es aufzustehen und ihre Meinung zu sagen, hatten ein gestärktes Selbstbewusstsein und erlangten Mut, eigene Wünsche zu äußern. Auch die Erzieher(innen) reflektierten im Verlauf des Projekts, dass sie zunächst unterschiedliche Erwartungen an die Kinder hatten und Mädchen und Jungen unterschiedliche Verhaltensmuster nahe legten. Mir scheint, wir sind in Deutschland von diesem Reflexionsniveau noch ein ganzes Stück entfernt.

Prof. Dr. Uta Meier
Mitglied im Vorstand der
Deutschen Liga für das Kind

Deutschen Liga für das Kind begrüßt neue Mitglieder
Zwei Vereine haben einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt und wurden durch Beschluss des Vorstandes als Mitglieder in die Deutsche Liga aufgenommen: Keine Macht den Drogen e.V. (München) und Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland e.V. (Berlin).

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