23 Juli fK 3/07 Kinderrechte aktuell
Am 4.7.2006 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaft eine „Mitteilung im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie“ veröffentlicht. Diese Mitteilung zielt auf die Einführung einer umfassenden Langzeitstrategie der EU zur Förderung und zum effektiven Schutz der Rechte von Kindern bei den internen und externen Maßnahmen der Europäischen Union. Außerdem sollen die diesbezüglichen Anstrengungen der Mitgliedstaaten unterstützt werden.
Entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention werden Kinder als Personen unter 18 Jahren definiert. Die Strategie stützt sich auf sieben Ziele, die jeweils durch eine Reihe von Maßnahmen verwirklicht werden sollen. Ein wichtiges Ziel besteht in der Einrichtung wirksamer Koordinierungs- und Konsultationsverfahren.
Zu diesem Zweck sollen u.a. alle Beteiligten (darunter Mitgliedstaaten, UN-Agenturen, Europarat, Zivilgesellschaft und Kinder) in einem „Europäischen Forum für die Rechte des Kindes“ zusammengeführt werden. Aufgabe des Forums ist es, zur Konzeption und Überwachung der EU-Maßnahmen beizutragen und als Ort des Austauschs bewährter Praktiken zu dienen.
Die Rechte von Kindern in der EU fördern und schützen
Auf Einladung von Franco Frattini, Vizepräsident der Europäischen Kommission, und Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz, fand am 4. Juni 2007 in Berlin der offizielle Auftakt zur Gründung des „Europäischen Forums für die Rechte des Kindes“ statt. Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge eines auf der Auftaktveranstaltung vorgetragenen Statements der National Coalition zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, in dem erste vorläufige Anregungen zu Struktur und Arbeitsweise des Europäischen Forums gegeben werden.
(1) Die National Coalition (NC) begrüßt, dass sich die Europäische Kommission laut ihrer Mitteilung vom 4. Juli 2006 für die Erarbeitung einer EU-Kinderrechtsstrategie einsetzt. Eine solche Strategie trägt dazu bei, Kinder in der Europäischen Union als vollwertige Bürgerinnen und Bürger anzuerkennen und ihre Rechte umfassend zu schützen.
(2) Die NC begrüßt weiterhin, dass in der Mitteilung hingewiesen wird auf die Verpflichtung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten zur Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention von 1989, einem völkerrechtlichen Vertrag mit hoher Legitimation, der von 193 Staaten gezeichnet wurde. Die UN-Kinderrechtskonvention unterstreicht durch die Aufnahme von bürgerlichen und politischen sowie von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten die Unteilbarkeit der Menschenrechte. Die National Coalition begrüßt sehr, dass im Commission Staff Working Document „Impact Assessment“ die UNKinderrechtskonvention als für untrennbar verbunden mit den Zielen und Werten der Europäischen Union erklärt wird.
(3) Die NC begrüßt ebenfalls, dass die EU-Kommission in ihrer Mitteilung „Strategische Ziele 2005-2009“ dem Schutz der Rechte der Kinder Priorität einräumt.
(4) Die NC Deutschland teilt die in der Mitteilung getroffene Feststellung, dass die Lage der Kinderrechte in vielen Ländern der Welt dramatisch ist und dass diese Situation auch in Europa in keiner Weise befriedigend ist. Die NC weist darauf hin, dass die Umsetzung der Kinderrechte und Maßnahmen zur Befriedigung von Grundbedürfnissen oder zum Schutz von Kindern als ein und dasselbe zu betrachten sind.
(5) Die in der Mitteilung zur Lage der Kinder weltweit und in der EU skizzierte Situation muss uns allen Anlass sein, mit allen Mitteln an der Verbesserung dieser Situation zu arbeiten.
Der Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Kindern sind aus unserer Sicht unteilbar und interdependent, ein Mangel bei einem dieser Bereiche führt unweigerlich zu negativen Folgen in den anderen beiden Bereichen.
(6) Die NC begrüßt insbesondere die in der Mitteilung verankerte Berücksichtigung der Kinderrechte in allen internen und externen Maßnahmen der EU, und damit die angestrebten Auswirkungen auf alle Politikbereiche in Bezug auf Kinder in Europa, aber ebenso auf die Kinder in allen Ländern, vor allem in den südlichen Weltregionen. Kinderrechte sind nicht teilbar und dürfen nicht an Grenzen enden. Dabei gilt es, gemäß den übereinstimmenden Regelungen in Artikel 3 der Kinderrechtskonvention und Artikel 24 der EU-Grundrechtecharta dem Kindeswohl bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen Vorrang einzuräumen.
(7) Die NC begrüßt das besondere Ziel: die Einrichtung wirksamer Koordinierungs- und Konsultationsverfahren und darunter die Zusammenführung aller wichtigen Beteiligten in einem Europäischen Forum für die Rechte des Kindes nicht zuletzt deswegen, weil hierbei die Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Kinder vorgesehen ist. Das Vorgehen, die Zivilgesellschaft und die Kinder selbst einzubeziehen, wie es auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes seit Jahren erfolgreich praktiziert, ist aus unserer Sicht unabdingbare Voraussetzung für eine breit getragene und erfolgreiche Arbeit des nun zu gründenden Europäischen Forums mit dem in der Mitteilung beschriebenen Ziel, beizutragen zur Konzeption und Überwachung der EU-Maßnahmen und zum Austausch bewährter Praktiken. Die NC sieht in der Errichtung des Forums einen beispielgebenden Schritt einer partizipatorischen Politikgestaltung.
(8) Die Errichtung eines solchen Forums ist ein anspruchsvolles Vorhaben, das einen langen Vorlauf braucht. (…) Wenn man bedenkt, dass allein die Errichtung der Struktur ChildONEurope eine Vorbereitungszeit von 15 Monaten benötigte, muss davon ausgegangen werden, dass es bis zur konstituierenden Sitzung des Europäischen Forums eines Gründungsprozesses von mindestens zwölf Monaten bedarf. Angesichts des in der Mitteilung formulierten Anspruchs der EU-Kinderrechtsstrategie, die Rechte des Kindes weltweit durchzusetzen, hält die NC die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen und von Kindern aus dem Süden für unerlässlich.
(9) Die NC betont mit Nachdruck, dass aus ihrer Sicht die heutige Veranstaltung als erster Schritt auf dem Weg hin zur Konstituierung des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes zu betrachten ist, die dazu dienen soll, in den Vorbereitungsprozess der Gründung einzutreten.
(10) Das Hauptziel der heutigen Veranstaltung sollte die Erarbeitung eines Fahrplans für die Gründung des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes sein. (10.1) Die heutige Versammlung sollte aus Sicht der NC zunächst dazu dienen zu klären, wer im Prozess der Gründung beteiligt werden sollte, weil dazu in der Mitteilung keine detaillierten Angaben gemacht werden. (…) (10.2) Die Versammlung sollte zum Zweiten dazu dienen, einen Fragenkatalog zusammenzustellen, den die verschiedenen Funktionsgruppen im Verlaufe des kommenden Jahres bearbeiten sollen. Die NC sieht die Auseinandersetzung mit dem Vorrangprinzip des Kindeswohls nach Artikel 3 Kinderrechtskonvention und Artikel 24 EU-Grundrechtecharta in diesem Zusammenhang als vorrangige Aufgabe an. (10.3) Zum Dritten sollte geklärt werden, in welcher Form die am Forum zu beteiligenden Gruppen bis zum nächsten großen Treffen, das dann evtl. sogar die Gründungsveranstaltung sein könnte, zwischenzeitlich arbeiten und welche Unterstützung ihnen dazu zur Verfügung gestellt werden wird. (…)
(11) Die heutige Diskussion sollte für alle Anwesenden geöffnet werden, da eine Abstimmung den hier für die Zukunft vorgeschlagenen Vorbereitungsprozess erfordert, und damit die Vielfalt der Standpunkte der hier Anwesenden deutlich werden kann.
(12) Wenn wir gemeinsam die Chance nutzen wollen, die das Europäische Forum für die Rechte des Kindes in Hinblick auf eine von einer breiten gesellschaftlichen Basis inner- und außerhalb der EU getragene EUKinderrechtsstrategie bietet, wird es nötig sein, die Etablierung von zivilgesellschaftlichen Kooperationsstrukturen auf europäischer Ebene und auf der Ebene der außereuropäischen Partner in Bezug auf die Kinderrechte – auch finanziell – zu unterstützen.
(13) Folgende Fragen sollten über die im Programm angesprochenen Fragen hinaus (Ziele, Funktionsmechanismen, Beteiligung von Kindern, weitere Schritte) in den von uns für den Vorbereitungsprozess der Gründung vorgeschlagenen Fragenkatalog aufgenommen werden: (a) Wie kann die Unabhängigkeit des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes von der EU-Kommission sichergestellt werden, um seine Aufgabe der Überwachung der EU-Maßnahmen erfüllen zu können? (b) Wie kann die Kontinuität der Arbeit des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes bei wechselnder EU-Ratspräsidentschaft sichergestellt werden? (c) Wie kann die Verbindung des Europäischen Forums für die Rechte des Kindes zum UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes sichergestellt werden? (d) Wie kann eine breite Bearbeitung aller Kinderrechte durch das Europäische Forum für die Rechte des Kindes sichergestellt werden? (e) In welchen zeitlichen Abständen sollen Zusammenkünfte des Europäischen Forums stattfinden, an welchen Orten soll dies geschehen und welche Arbeitsweise wird dafür vorgeschlagen?
Die deutsche Fassung der „Mitteilung der Kommission im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie“ unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2006/com2006_0367de01.pdf
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