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Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien

Der PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien wurde 1976 als „Bundesverband der Pflege- und Adoptiveltern“ durch 29 Selbsthilfegruppen aus dem Bereich Adoption und Familienpflege in Münster gegründet. Als Dachverband setzt er sich für die Zusammenschlüsse von Pflege- und Adoptivfamilien auf Orts- und Landesebene ein.

Im Zusammenhang mit den gesellschaftspolitischen Entwicklungen der 1990er Jahre und dem Paradigmenwechsel in der Kinder- und Jugendhilfe schärfte der Bundesverband sein Profil und firmiert seit 1998 als PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien. Sein Logo nahm die heutige Form an. Pflege- und Adoptivfamilienverbände von Nordfriesland bis ins Allgäu sind im Bundesverband Mitglied. Sie setzen sich mit fachlichem Know-how und ehrenamtlichem Engagement dafür ein, dass möglichst viele Kinder in Familien aufwachsen.

Das übergeordnete Ziel aller PFAD-Aktivitäten ist die Verwirklichung der Rechte des Kindes auf Bindungskonstanz, Entfaltung der Persönlichkeit, Fürsorge, Schutz, Erziehung und Bildung. Auf Bundesebene arbeitet PFAD an der Verbesserung der rechtlichen Positionen von Pflegekindern und ihren Familien und an der sozialen Absicherung von Pflegeeltern. Als Grundlage ihrer Arbeit verstehen PFAD-Mitglieder die Persönlichkeitsrechte des Kindes, für dessen Umsetzung sie mit Fachkräften der öffentlichen und freien Jugendhilfe und anderen Institutionen zusammenarbeiten.

Aufgaben: Zusammenschluss, Entwicklung, Qualifizierung, Information
Eine wichtige Bedeutung haben die Kooperation vor Ort sowie der Zusammenschluss und Erfahrungsaustausch auf Landesebene. Als freier Träger der Jugendhilfe haben PFAD-Organisationen die Möglichkeit, sich lokal und auf Landesebene in den Jugendhilfeausschüssen für die Belange der Pflegekinder und ihrer Familien einzusetzen. Mit dem Zusammenschluss der Landesverbände zum PFAD Bundesverband realisieren wir als Lobby die Interessenvertretung auf Bundesebene, beteiligen uns an Gesetzgebungsverfahren, an fachlichen Diskursen zur Qualitätsentwicklung in Adoption und Pflege und nehmen Stellung zu aktuellen gesellschafts- und familienpolitischen Entwicklungen.

Zur Qualifizierung von Adoptiv- und Pflegeeltern(bewerber(inne)n) sowie Fachkräften werden Tagungen und Fortbildungen organisiert sowie Dokumentationen und Broschüren erstellt. Als Informationsmedien für alle Pflege- und Adoptiveltern, MultiplikatorInnen und Fachkräfte hält der PFAD Bundesverband neben der vierteljährlich erscheinenden PFAD Fachzeitschrift für das Pflege- und Adoptivkinderwesen auch den Weblog „Aktuelles rund um Pflege- und Adoptivkinder“ bereit (http://pfad.wordpress.com). Dieser Service bündelt bedeutsame Nachrichten und Veranstaltungstermine für Pflege- und Adoptivfamilien, deren Verbände und die Fachöffentlichkeit.

Fachliche Positionen zu sozialer Elternschaft
Für die Entwicklung einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit des Kindes hält der PFAD Bundesverband in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen eine stabile Bindung zu mindestens einer Bezugsperson für ebenso unverzichtbar wie die Befriedigung der anderen Grundbedürfnisse: Nahrung, Unterkunft und Kleidung. Ein Kind muss Zugehörigkeit zu einer oder mehreren Familien erleben dürfen. Der familiäre Rahmen ist besonders wichtig, denn Eltern-Kind-Beziehungen sind die Grundlage für die Entwicklung der Ich-Fähigkeiten, des Selbstwertgefühls und des Gewissens. Kinder, die in ihrem Leben eine zuverlässige Bindung entwickeln können, sind aufgrund dieser sicheren Basis in der Lage, ihr Umfeld zu erkunden und zu begreifen. Befriedigende, stabile Beziehungen und eine wertschätzende Erziehung sind Voraussetzungen für eine gesunde Entfaltung der Persönlichkeit in Freiheit und Würde.

Eine Erziehung zum Wohl des Kindes orientiert sich in ihrer Zielsetzung immer an den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Kindes. Bei Adoptiv- und Pflegeverhältnissen sind Herkunft und Vergangenheit des Kindes unbedingt mit einzubeziehen. Auf Verständnis beruhende Erziehung bedeutet hier, dass das Kind im Zusammenhang mit seiner früheren Sozialisation und biografischen Erfahrungen gesehen wird und diese das pädagogische Entscheidungskonzept prägen. Die Sicherung des körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wachstums eines Adoptiv- oder Pflegekindes beinhaltet immer die Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart. Das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen heißt, seine individuellen Möglichkeiten trotz der schwierigen Ausgangslage mit Hilfe von kompetenten, liebevollen Bezugspersonen auszuschöpfen und gegebenenfalls Unterstützung bei medizinischen, psychologischen, sozialpädagogischen und pädagogischen Fachkräften zu suchen.

PFAD erkennt die Notwendigkeit vielfältiger Hilfen zur Erziehung und die gemeinsame Verantwortung fremdplatzierender Hilfen. Er vertritt die Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche, die in Pflege- oder Adoptivfamilien vermittelt werden, in der Regel nicht einfacher zu erziehen sind als diejenigen, die in Einrichtungen leben. Darum hält er eine umfassende Vorbereitung, Qualifizierung und Begleitung von Pflegeeltern und Adoptiveltern für unverzichtbar.

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz sieht verschiedene Möglichkeiten der Hilfe zur Erziehung vor, von denen eine die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII (KJHG) ist. Kinder, die fremdplatziert werden, haben nicht selten schon gescheiterte Maßnahmen hinter sich und sind entsprechend stark entwicklungsverzögert. Die Vorstellung, dass in Pflegefamilien fast ausschließlich Säuglinge und Kleinstkinder vermittelt werden, während die älteren, (schwierigen) Kinder in Heimen erzogen werden, ist inzwischen antiquiert. Die Arbeit von Pflegeeltern und Pädagogen in der Heimerziehung hat sich von den fachlichen Anforderungen her in den letzten Jahren immer mehr angeglichen. Die Bedeutung von Vorbereitung, Qualifizierung und Begleitung von Pflege- und Adoptiveltern gewinnt deswegen immer mehr an Gewicht.

Die besonderen Anforderungen an eine öffentliche Erziehung im privaten Raum, die strukturbedingten Divergenzen zwischen Pflegefamilie, Herkunftsfamilie und Jugendamt und die individuelle Problemlage des Kindes verlangen ein hohes Maß an psychischer Stabilität der aufnehmenden Familien. Um diese zu erhalten ist ausreichende Unterstützung durch Jugendämter und involvierte andere Fachkräfte unabdingbar. Wir streben partnerschaftliche Zusammenarbeit und Vernetzung im Jugendhilfesystem unter zwei Aspekten an: einerseits die notwendige, auf den Einzelfall bezogene Zusammenarbeit, andererseits die Herstellung von fallübergreifenden Kooperationsstrukturen und das Entwickeln gemeinsamer Strategien. Eine Kontinuität der Hilfegewährung ist ein wichtiger Aspekt für eine gelingende Entwicklung.

Wichtige Projekte und aktuelle Aktivitäten
In der Überzeugung, dass organisierte Interessengruppen eine schlagkräftige Lobby bilden können, hat der PFAD Bundesverband im Jahr 2000 die Bundesarbeitsgemeinschaft ADOPTION UND INPFLEGE initiiert. Für diesen deutschlandweit einzigartigen Zusammenschluss unterschiedlicher Betroffenenorganisationen veranstaltet PFAD jährliche Seminartagungen, bei denen gemeinsam an der Verbesserung der Lebenswirklichkeit von Kindern mit sozialen Eltern gearbeitet wird.

Um die Öffentlichkeit und wichtige politische Entscheidungsträger auf die Leistungsfähigkeit von Pflege- und Adoptivfamilien aufmerksam zu machen und um sinnvolle Änderungen in Gesetzen voranzubringen, lädt der PFAD Bundesverband in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 18. Oktober 2010 zum Fachtag „Verlässlichkeit und Verbindlichkeit für Pflegekinder und ihre Familien” nach Berlin ein.

Unsere Anliegen
Kinder, die nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können, sind in einer besonderen Lebenssituation. Durch Veranstaltungen und Veröffentlichungen informiert der PFAD Bundesverband über Chancen und Risiken sozialer Elternschaft. Verlässliche und qualifizierte Arbeit mit Pflegekindern setzt eine sozialrechtliche Absicherung und eine angemessene Honorierung der Arbeit der Pflegepersonen voraus. PFAD bemüht sich mit langem Atem um entsprechende gesetzgeberische Verbesserungen. Mit den Veränderungen im § 39 SGB VIII in Bezug auf Rentenversicherung und Haftpflichtversicherung wurde ein über 30-jähriges Anliegen des PFAD Bundesverbandes realisiert.

Der PFAD Bundesverband vertritt die Auffassung, dass frühzeitige Hilfen und die Förderung benachteiligter Kinder gesellschaftliche Folgekosten vermeiden. Jeder Euro, der in die Jugendhilfe fließt, ist eine lohnende Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft.

PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.
Geisbergstraße 16, 10777 Berlin
Tel.: 030-9487-9423
E-Mail: info@pfad-bv.de
www.pfad-bv.de

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