fK 2/11 Walper

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Die Folgen von Trennung und Scheidung für Kinder in Deutschland

von Sabine Walper

Seit Mitte der 1950er Jahre steigt der Anteil von Ehen, die in einer Scheidung enden, mehr oder minder stetig an (Emmerling, 2007). Schätzungen zufolge werden 42 Prozent aller Ehen der aktuellen Heiratsjahrgänge in Deutschland vor dem Scheidungsrichter enden (Sardon & Robertson, 2004).

Bei einer Trennung oder Scheidung sind insbesondere Kinder mit ihrem Bedürfnis nach Geborgenheit und Fürsorge durch die Eltern tangiert. So nimmt auch die Frage nach dem Kindeswohl eine zentrale Stellung im öffentlichen Interesse an den Scheidungsfolgen ein. Hierauf bezogene Erkenntnisse aus Untersuchungen in Deutschland sollen in diesem Beitrag aufgezeigt werden.

Neben der allgemeinen Einschätzung möglicher Entwicklungsbelastungen von Scheidungskindern im Vergleich zu Kindern, die in einer Kernfamilie (mit beiden leiblichen Eltern) aufwachsen, richtet sich der Fokus zum einen auf die Bedeutung der Beziehung zwischen den Eltern und zum anderen auf die Rolle des getrennt lebenden Elternteils – dies ist weit überwiegend der Vater –, insbesondere dessen Einfluss auf das Kindeswohl nach Trennung und Scheidung. Zum Abschluss wird auf verfügbare Präventionsangebote verwiesen.

Zur Entwicklung von Scheidungskindern in Deutschland
Vergleicht man die Entwicklung von Scheidungskindern und Kindern aus Kern¬familien, so stellen sich die hiesigen Forschungsergebnisse ähnlich heterogen dar, wie es auch in internationalen Studien der Fall ist. Während etwa die Befunde aus zwei Erhebungswellen des Kinderpanels des Deutschen Jugendinstituts keine vermehrten Auffälligkeiten in der emotionalen Befindlichkeit oder Verhaltensentwicklung von Grundschulkindern mit allein-erziehender Mutter ausweisen (Walper & Wendt, 2005; Wendt & Walper, 2007), fanden sich in einer anderen Studie bei 9- bis 13jährigen Scheidungskindern durchaus eine gesteigerte Ängstlichkeit, instabileres Leistungsverhalten sowie insgesamt erhöhtes Problemverhalten im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern aus Kernfamilien, allerdings fast ausschließlich aus der Sicht der Eltern, kaum aus Sicht der Kinder (Schick, 2002).

Auch die ältere Konstanzer Längsschnittstudie erbrachte Unterschiede in der Sozialentwicklung, wobei Jugendliche aus Scheidungsfamilien seltener zu den beliebten und häufiger zu den unbeachteten Schüler/innen gehörten als Jugendliche aus Kernfamilien (Fend, 1998). Zudem weist der Jugendgesundheitssurvey Nachteile von Jugendlichen aus Ein-Eltern-Familien hinsichtlich ihrer selbst eingeschätzten Gesundheit und ihres Gesundheitsverhaltens aus (Klocke & Becker, 2003). Allerdings sind diese Unterschiede zwischen den Familienformen insgesamt schwach. Nach Daten der internationalen PISA-Studie finden sich in Deutschland keine Kompetenz-Unterschiede zwischen Kindern Alleinerziehender und Kindern aus Kernfamilien (Ehmke, Hohensee, Heidemeier & Prenzel, 2004).

Im Einklang mit einer stresstheoretischen Betrachtung von Scheidungsfolgen im Sinne der Scheidungs-Stress-Bewältigungsperspektive (Amato, 2000) erweist sich vielfach die Zeit, die seit der elterlichen Trennung vergangen ist, als bedeutsam (z.B. Schick, 2002). Dass erhöhte Belastungen vor allem kurz nach der Trennung gehäuft auftreten und sich in der Folgezeit reduzieren, legt auch die Kölner Längsschnittstudie nahe (Schmidt-Denter, 2000). Insofern mag es nicht verwundern, dass in Studien mit Kindern und Jugendlichen aus eher längerfristig getrennten Familien seltener Nachteile von Scheidungskindern auszumachen sind.

Allerdings sprechen nicht alle Befunde für eine deutlich höhere psychische Beeinträchtigung von Kindern und Jugendlichen direkt nach der elterlichen Trennung. Nach Daten des Berliner Jugendlängsschnitts gelang es vor allem den Töchtern aus „frischen“ Trennungsfamilien, mögliche Beeinträchtigungen ihres Selbstwertgefühls durch ein stärkeres Engagement im Bereich romantischer Beziehungen zu kompensieren (Walper, 1991). Schon dies zeigt, dass die Bewältigungsressourcen der Kinder und Jugendlichen eine wesentliche Rolle spielen. Zudem finden sich auch umgekehrte Entwicklungsverläufe, bei denen sich die Problembelastung von Kindern und Jugendlichen aus Trennungsfamilien im Verlauf ihrer Entwicklung eher verschärfen als verringern. In einer Längsschnittstudie traten Belastungen des Selbstwertgefühls und erhöhte Depressivität von Jugendlichen aus Trennungsfamilien erst im Zeitverlauf hervor (Walper & Beckh, 2006). Vor allem Jugendliche aus instabilen Familien, die weitere Transitionen in der Elternkonstellation erlebten (vor allem Trennungen und Neugründungen von Stieffamilien), von Beeinträchtigungen ihrer Befindlichkeit betroffen.

Dass Trennungskindern durchaus unterschiedliche Entwicklungsverläufe aufweisen, zeigt nicht zuletzt die Kölner Längsschnittstudie (Schmidt-Denter, 2001). Während knapp die Hälfte der Kinder im Verlauf von vier Jahren nach der Trennung als durchgängig hochbelastet einzustufen waren, erwies sich ein Drittel der Trennungskinder als erfolgreiche Belastungsbewältiger, deren Belastungssymptome im Zeitverlauf abnahmen. Zusätzlich fand sich noch eine kleinere Gruppe von durchgängig gering belasteten Kindern. Wie zu erwarten unterschieden sich diese Gruppen vor allem hinsichtlich der sozialen Risikofaktoren und Ressourcen im Familiensystem. Chronisch hochbelastete Kinder hatten eine negativere Beziehung zum getrennt lebenden Vater als Belastungsbewältiger und Geringbelastete, waren häufiger mit ungelösten Partnerschaftsprobleme der Eltern konfrontiert, die einer erfolgreichen Neudefinition der Beziehung entgegenstanden, und mussten mehr Verschlechterungen im Erziehungsstil der Eltern hinnehmen.

Eine Reihe von Befunden verweisen darauf, dass eine Scheidung der Eltern auch Belastungen der Eltern-Kind-Beziehung mit sich bringen kann. Insbesondere bei jüngeren Kindern kann das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Eltern als „sicherer Hafen“ erschüttert werden, zumal auch die elterliche Feinfühligkeit unter den scheidungsbedingten Belastungen leiden mag. So zeigt sich etwa in einer bindungstheoretisch orientierten Untersuchung bei 6jährigen Kindern, von denen 51 aus Kernfamilien und 60 aus Trennungsfamilien mit alleinerziehender Mutter stammten, dass bei den Trennungskindern seltener eine sichere Bindungsrepräsentation vorlag (Gloger-Tippelt & König, 2007). In Bezug auf die Mutter-Kind-Interaktion erbrachte allerdings eine Beobachtungsstudie mit Vorschulkindern aus Ein- im Vergleich zu Zwei-Eltern-Familien keine Unterschiede (Sander & Ermert, 1997). Gleichwohl erwies sich die Stressbelastung der Mütter als signifikanter Einflussfaktor: Kinder stressbelasteter Mütter ignorierten mehr deren Hilfe und überspielten häufiger ihre unangenehmen Gefühle. Ähnlich wie in Studien aus den USA (Coiro & Emery, 1998) zeigt sich bei differenzierter Betrachtung beider Eltern, dass die Beziehung zur Mutter – die in aller Regel der betreuende Elternteil ist – weniger unter eine Trennung zu leiden scheint, während die Beziehung zum getrennt lebenden Vater eher distanzierter ausfällt (Walper, 1998; Walper & Beckh, 2006).

Insgesamt legen diese Befunde nahe, dass Scheidungskinder keineswegs zwangsläufig im Nachteil gegenüber Kindern aus Kernfamilien sind. Dies wird nicht zuletzt dann deutlich, wenn man auch die unterschiedlichen Entwicklungsbedingungen von Kindern in Kernfamilien berücksichtigt. Von besonderem Interesse ist hier die Qualität der Beziehung zwischen den Eltern, da diese im Vorfeld einer Trennung und Scheidung zumeist merklich leidet. Vergleicht man Scheidungskinder zum einen mit jenen Kindern, die in einer konfliktbelasteten Kernfamilie mit disharmonischer Beziehung zwischen den Eltern leben, und zum anderen mit denjenigen, die bei einem harmonischen Elternpaar aufwachsen, so relativieren sich die Nachteile von Scheidungskindern. In entsprechenden Studie zeigen sich zwar durchaus vermehrte Belastungssymptome bei Trennungskindern, allerdings nur im Vergleich zu Kindern aus harmonischen Kernfamilien, nicht gegenüber Kindern aus Kernfamilien mit geringer Partnerschaftsqualität der Eltern (Reis & Meyer-Probst, 1999; Ständer, Kuschel, Heinrichs, Bertram & Naumann, 2007). Schon diese Befunde legen nahe, dass die Qualität der Beziehung zwischen beiden Eltern eine wesentliche Rolle für die Entwicklung der Kinder spielt. Dies gilt nicht zuletzt im Kontext von Trennung und Scheidung.

Die Bedeutung der Beziehung zwischen den Eltern
Kinder sind im Kontext von Trennung und Scheidung vielfach mit beträchtlichen Beziehungsproblemen und Konflikten zwischen den Eltern konfrontiert. Nach Befunden einer Internetbefragung von Scheidungsvätern berichten 32 % der Väter von Handgreiflichkeiten im Zuge der Scheidung, wobei es in knapp der Hälfte dieser Fälle auch wiederholt zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern kam (Amendt, 2004).

Auch weniger massive Konflikte können Kinder belasten, wenn sie intensiv ausfallen, gehäuft auftreten und keine Auflösung in einer Versöhnung finden (Davies, Harold, Goeke-Morey & Cummings, 2002; Fincham, 1998). Mittlerweile spricht neben zahlreichen internationalen Forschungsarbeiten auch eine Reihe von deutschen Befunden dafür, dass gerade die gesteigerte Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung im Zuge von Trennung und Scheidung einen wesentlichen Stressor für Kinder und Jugendliche darstellt(Schmidt-Denter, 2001). So erklären vielfach gerade die vermehrten destruktiven Konflikte zwischen den Eltern mögliche Entwicklungsbelastungen von Scheidungskindern (Schick, 2002). Derartige Konflikte sind keineswegs nur in Trennungsfamilien ein Problem für die Kinder, sondern belasten die deren Entwicklung weitgehend unabhängig von der Familienstruktur. Entsprechende Nachteile von Kindern und Jugendlichen aus Konfliktfamilien zeigen sich in weiten Bereichen wie z.B. der Befindlichkeit und Sozialentwicklung über viele Jahre hinweg (Walper & Beckh, 2006). Ausschlaggebend scheint vor allem die emotionale Verunsicherung zu sein, die die Kinder im Kontext der elterlichen Streitigkeiten erfahren. Zudem strahlen Probleme in der Beziehung zwischen den Eltern auch deutlich in die Erziehung und damit in die Eltern-Kind-Beziehung aus. Nicht zuletzt entsteht vielfach ein vermehrter Koalitionsdruck der Eltern: Bei einer strittigen Beziehung zum (Ex-)Partner sind die Eltern geneigt, die Kinder in eine intergenerationale Allianz gegen den anderen Elternteil einzubinden (Walper & Schwarz, 2001; Walper, Kruse, Noack & Schwarz, 2004).

Die Rolle des getrennt lebenden Vaters
Im Einklang mit internationalen Forschungs¬befunden erweist sich auch in Deutschland die Beziehung getrennt lebender Väter zu ihren Kindern als wenig stabil. Mindestens ein Drittel aller Trennungs- und Scheidungskinder verliert im Verlauf der Zeit nach der Trennung den Kontakt zum außerhäuslichen Vater (Walper & Gödde, 2005). In der Kölner Längsschnittstudie waren es sechs Jahre nach der elterlichen Trennung nur noch 70% der teilnehmenden 46 Kinder, die beide Eltern zu ihrer Familie rechneten (Schmidt-Denter & Schmitz, 2002). Nach Befunden einer Internet-Befragung bei rund 3.000 Scheidungsvätern (Amendt, 2004) finden sich Kontaktabbrüche gehäuft in jenen Fällen, in denen der Vater nur über geringe sozio-ökonomische Ressourcen verfügt, starke Ressentiments gegenüber der Ex-Partnerin hegt oder eine ungelöste Bindung an sie hat.

Auch hier erweist sich also die Beziehung zwischen den Eltern als sehr relevant (Walper, 2006). Vor allem hoher Koalitionsdruck eines Elternteils auf die Kinder – übrigens nicht nur seitens der Mutter, sondern auch des Vaters – ist mit verringerten Kontakten des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil (in diesem Fall durchgängig der Vater) verbunden. Es liegt nahe, dass der Koalitionsdruck der Eltern die Kontakte zwischen Vätern und Kindern erschwert und sogar die Kinder motivieren mag, den Kontakt zum getrennt lebenden Vater zu meiden.

Wie zu erwarten, stehen Kontakte und Beziehungsqualität zum getrennt lebenden Vater nicht unverbunden nebeneinander: Seltene Kontakte gehen eher mit einer geringeren emotionalen Verbundenheit zwischen Vater und Kind einher. Nach unseren Befunden betrifft dies im Jugendalter vor allem die Mädchen, während die Beziehung der Söhne zu ihrem getrennt lebenden Vater als eher „immun“ erweist (Walper & Gödde, 2005). Für Töchter wie auch Söhne war jedoch die Konflikthaftigkeit der Eltern¬beziehung ausschlaggebend: Je mehr Streit es zwischen den Eltern gab, desto geringer war die Verbundenheit und emotionale Sicherheit der Jugendlichen in Beziehung zu ihrem Vater. Ganz ähnlich wird auch die Qualität der Beziehung zur Mutter durch Konflikte zwischen den Eltern beeinträchtigt (Walper & Beckh, 2006).

Fragt man nun nach der Bedeutung der Beziehung zum getrennt lebenden Elternteil für die Entwicklung von Scheidungskindern, so lassen Befunde aus den USA vermuten, dass sich eher Aspekte der Beziehungsqualität und der Unterhaltszahlungen als der Kontakthäufigkeit als relevant erweisen (Amato & Gilbreth, 1999). Auch nach unseren Daten haben Jugendliche mit häufigen Kontakten zum getrennt lebenden Vater keinen Vorteil hinsichtlich ihres Selbstwertgefühls, während sich ausreichende finanzielle Ressourcen der Familie und positiv-unterstützendes Erziehungsverhalten des Vaters als Vorteil für das Selbstwertgefühl der Mädchen und Jungen erweisen (Walper, 2009).

Auch in der Studie von Schick (2002) wurde die Unterstützung durch den Vater berücksichtigt. Obwohl die Scheidungskinder eine deutlich weniger unterstützende Beziehung zum Vater berichteten als Kinder aus Kernfamilien, fielen diese Nachteile im Hinblick auf die stärkeren Belastungssymptome der Scheidungskinder wenig ins Gewicht. Wesentlich einflussreicher waren die vermehrten destruktiven Konflikte zwischen den Eltern, die – wie schon berichtet – hauptsächlich zu den Belastungen der Scheidungskinder beitrugen. Auch in der Kölner Längsschnittstudie war die Beziehung zwischen den Eltern für die Trennungskinder ausschlaggebender als die Beziehung zum Vater (Schmidt-Denter, 2000). Interessanterweise erbrachte eine andere Studie, die 9- bis 14jährige Söhne aus Trennungs- und Kernfamilien verglich, dass die wahrgenommene Unterstützung durch den Vater in Trennungsfamilien weniger bedeutsam für die Persönlichkeitsentwicklung dieser Jungen war als in Kernfamilien (Böhm, Emslander & Grossmann, 2001). Insofern mag die Trennungssituation dazu beitragen, dass die Kinder weniger vom positiven Beitrag des Vaters profitieren können als in Kernfamilien, in denen die Unterstützung leichter verfügbar ist. Nach einer amerikanischen Studie reduziert sich sogar eher das Engagement getrennt lebender Väter bei problematischen Entwicklungen der Jugendlichen, d.h. die Jugendlichen sind stärkerer Schrittmacher für das Engagement der Väter als umgekehrt die getrennt lebenden Väter Einfluss auf ihre jugendlichen Kinder nehmen (Hawkins, Amato & King, 2007).

Schlussfolgerungen und Ausblick
Auch die hiesige Forschung zu Scheidungsfolgen für Kinder liefert differenzierte Befunde, die sich gut in die internationale Befundlage einordnen lassen: Scheidungskinder nehmen keineswegs einheitlich Entwicklungsverläufe und weisen nicht durchgängig Beeinträchtigungen ihrer Befindlichkeit und Persönlichkeits¬entwicklung auf. Die Qualität der Familienbeziehungen spielt eine deutlich wichtigere Rolle für das Kindeswohl als Merkmale der Familienstruktur. Auch die Häufigkeit der Kontakte zum getrennt lebenden Elternteil erweist sich als weniger bedeutsamer Faktor, während die positive Zuwendung und Unterstützung, die die Kinder seitens ihrer Eltern erfahren, sowie die Qualität der Beziehung zwischen den Eltern maßgeblichen Einfluss auf ihre Entwicklung nehmen.

Der Mehrheit der Eltern und Kinder scheint es zu gelingen, eine neue Perspektive zu entwickeln und damit die Weichen für eine positive Entwicklung zu stellen. Eine Minderheit leidet allerdings auch längerfristig unter scheidungsbedingten Belastungen, die teilweise schon im Vorfeld der Trennung gegeben waren, zum Teil auch aus ihr resultieren. Für diese Familien sind unterschiedliche Angebote entwickelt worden, die von Beratung und Therapie über Mediation hin zu psychoedukativen Gruppenangeboten reichen (Walper & Bröning, 2008). Insbesondere in den USA haben Gruppenangebote für Eltern und Kinder in der Trennungssituation weite Verbreitung gefunden, während diese Formen der selektiven und indizierten Prävention in Deutschland noch selten angeboten werden. Gruppenangebote eröffnen jedoch in besonderem Maße die Möglichkeit, Eltern gezielt für die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sensibilisieren und ihnen Leitlinien für die Gestaltung der Familienbeziehungen nach der Trennung zu vermitteln, die primär auch den Kindern zugutekommen.

Unsere Arbeitsgruppe an der Universität München hat in den letzten Jahren in Kooperation mit der Beratungsstelle Familiennotruf e.V. in München ein solches Gruppenprogramm für Eltern in Trennung entwickelt (vgl. Walper & Krey, 2011). „Kinder im Blick“ verfolgt drei Ziele: die Bewältigungsressourcen von Eltern zu verbessern, ihre Kompetenzen in der Beziehungsgestaltung mit den Kindern zu stärken und in der Kommunikation mit dem anderen Elternteil einer Chronifizierung und Eskalation von Konflikten entgegen zu wirken (siehe www.kinderimblick.de). Unterschiedliche didaktische Elemente und vor allem ein hoher Anteil praktischer Übungen dienen dazu, innerhalb der sechs je dreistündigen Sitzungen auf diese Ziele hinzuarbeiten.

Das Programm kann von einzelnen alleinerziehenden oder getrennt lebenden Elternteilen besucht werden, aber wir gehen davon aus, dass die Chancen für positive Veränderungen höher sind, wenn beide Elternteile parallel an dem Angebot teilnehmen. Ex-Partner werden hierbei explizit nicht in eine gemeinsame Gruppe eingebunden. Das Programm wird durch eine Evaluationsstudie mit Kontrollgruppen begleitet, die sehr ermutigende Befunde erbracht hat (Bröning, 2009; Krey, 2010). Die Akzeptanz seitens der teilnehmenden Eltern ist hoch, und die Befindlichkeit der Eltern sowie die Kommunikation mit dem anderen Elternteil lassen sich durch den Kurs noch stärker verbessern als durch reine Beratungsangebote. Wir hoffen, damit eine Lücke im Angebot für Familien in Trennung geschlossen zu haben und vor allem konfliktbelasteten Eltern eine Alternative zu Mediation, Beratung und Therapie zu bieten, mit der sie noch spezifischer darauf hinarbeiten können, ihre Kinder in der Trennungsituation zu unterstützen und deren Belastungen zu minimieren.

Die Literaturangaben sind über die Geschäftsstelle erhältlich.

Prof. Dr. Sabine Walper ist Professorin für Pädagigik mit dem Schwerpunkt Jugend- und Familienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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