fK 2/11 Editorial

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Jährlich erleben mehr als 150.000 Kinder in Deutschland die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern. Das Auseinanderbrechen der Familie ist für jedes Kind eine Belastung, die es zu bewältigen gilt. Die meisten Kinder kommen damit gut zurecht. Ein zwangsläufiger Nachteil für die gesunde seelische Entwicklung besteht nicht.

Nicht die Trennung an sich und auch nicht in erster Linie die Häufigkeit des Kontakts, sondern Verlässlichkeit und Qualität der Beziehungen vor und nach dem Auseinandergehen der Eltern entscheiden darüber, ob und in welchem Ausmaß ein Kind unter dem Ende der elterlichen Paarbeziehung leidet. Wenn es dem Kind nicht gut geht, liegt dies in der Regel daran, dass seine körperlichen und seelischen Bedürfnisse nicht ausreichend befriedigt werden, unabhängig davon, ob die Eltern zusammenleben oder nicht.

Die meisten Eltern sind ausreichend in der Lage, auch nach Auflösung der Partnerschaft ihre Elternverantwortung wahrzunehmen und wichtige, das Kind betreffende Regelungen gemeinsam zu bespre-chen. Sie beherzigen es, nicht in Gegenwart der Kinder zu streiten, unterstützen den Kontakt zum anderen Elternteil und halten sich daran, dessen Erziehungsstil beim Kind nicht schlecht zu machen. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte Nachricht besteht darin, dass ein kleiner Teil der Eltern ihre Streitigkeiten auch nach der Trennung weiterhin auf dem Rücken der Kinder austrägt. Manche Eltern entziehen sich gänzlich ihrer Ver-antwortung. Andere bekämpfen sich in immer wiederkehrenden, ge-genseitigen Schuldzuweisungen oder werden gewalttätig. Wieder andere vereiteln den Kontakt zum anderen Elternteil und torpedieren jegliche Beratungs- und Vermittlungsversuche.

Die Wirkungen unbewältigter Trennungs- und Scheidungskonflikte sind für Kinder gravierend. Sie geraten in Loyalitätskonflikte, aus de-nen sie sich alleine nicht befreien können. Psychische und psycho-somatische Erkrankungen können die Folge sein. In manchen Fällen ist dadurch das Wohl des Kindes gefährdet. Diese Kinder benötigen dringend Hilfe. Durch Sorge- und Umgangsregelungen müssen Ge-richte ein Mindestmaß an Struktur vorgeben, das zu bieten die Eltern nicht in der Lage sind. Zugleich bedarf es beraterischer und häufig therapeutischer Unterstützung, um den Kindern einen geschützten Raum zu ermöglichen, in dem sie ihre Erfahrungen verarbeiten können.

Unter dem Titel „Eltern vor dem Familiengericht. Schritt für Schritt durch das kindschaftsrechtliche Verfahren“ haben die Deutsche Liga für das Kind und der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband eine neue Broschüre für Eltern herausgegeben. Kompetent und leicht ver-ständlich werden die wichtigsten Verfahrensschritte und Handlungs-möglichkeiten gemäß dem Gesetz über das Verfahren in Familiensa-chen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) dargestellt, von der ersten Antragstellung bei Gericht über die mündliche Verhandlung bis zu den möglichen Ergebnissen. Die Bro-schüre ist gegen Übernahme der Versandkosten bei der Geschäfts-stelle erhältlich.

Mit herzlichen Grüßen

Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind
Prof. Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind

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