fK 6/11 Editorial

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland ist Inklusion zu einer zentralen Herausforderung sämtli-cher pädagogischer Einrichtungen für Kinder geworden. Nicht mehr die Frage, ob sich Krippe, Kindergarten und Schule inklusiv öffnen sollen, steht seitdem im Mittelpunkt, sondern wie Inklusion bestmög-lich gelingen kann und welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen.

Je mehr ein gleicher und diskriminierungsfreier Zugang zu den Bil-dungseinrichtungen unabhängig vom Status einer möglichen Behinde-rung für alle Kinder gewährleistet wird, desto deutlicher rückt die Be-sonderheit des einzelnen Kindes in den Blick. Jedes Kind ist anders, und insofern sind alle Kinder gleich. Inklusion verbessert die Chancen für eine gesunde Entwicklung, wenn alle Unterschiede gleichermaßen respektiert und berücksichtigt werden.

Soll Inklusion wirklich umgesetzt werden, bedarf es einer Neuorientie-rung der Pädagogik auf allen Ebenen. Zunächst gilt es, von der Illusi-on Abschied zu nehmen, dass alle Kinder am Ende eines Kindergar-ten- oder Schuljahres dieselben Lernziele erreichen. An die Stelle gleicher Leistungserwartungen müssen passgenaue Vereinbarungen mit jedem Kind getroffen werden. Binnendifferenzierung, Individuali-sierung und unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lernens lauten hier wichtige Stichworte.

Weiterhin notwendig sind strukturelle Veränderungen. Die vielfach vorhandenen sonderpädagogischen Fachkräfte müssen aus den be-stehenden Sondereinrichtungen heraus und in die Regeleinrichtungen hineingenommen werden. Sinnvoll ist die Etablierung regionaler Res-sourcenpools, deren Know-how je nach Bedarf abgerufen werden kann und von deren Kompetenz die Regeleinrichtungen mit ihrer zu-nehmend heterogenen Zusammensetzung profitieren.

Inklusion ist nicht auf das Merkmal „Behinderung“ beschränkt. Die Verschiedenheit in jeglicher Hinsicht auf der Basis gleicher und un-veräußerlicher Rechte muss wertgeschätzt werden. Unterschiede in punkto Alter und Geschlecht sind ebenso gemeint wie die Vielfalt von Herkunft, Kultur und Religion. So verstanden, sind Inklusion und der mit ihr eng verwandte Diversity-Ansatz nicht nur ein Qualitätsbaustein in Kita und Schule, sondern unverzichtbares Merkmal eines gerechten und friedlichen Zusammenlebens im Sozialraum.

Dieser Ausgabe frühe Kindheit liegt erstmals ein Jahresinhaltsverzeichnis bei, in dem sämtliche Artikel aller in diesem Jahr erschienenen Hefte aufgelistet sind. Der neue Service (online unter www.liga-kind.de) bietet einen schnellen Überblick und erleichtert die Suche nach Autor(inn)en und Themen.

Mit herzlichen Grüßen

Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind
Prof. Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind

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