19 Jun fK 6/10 Rezensionen
Buchrezensionen
Männer: auf der Suche nach einer neuen Identität
Dass die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit auch etwas mit den Männern zu tun hat, ist keine ganz neue Erkenntnis. Dennoch werden die dazu gehörenden Fragen vor allem von Frauen gestellt. Wie aber sehen Männer bzw. Väter sich selbst und ihre Rolle?
Wenn es um Gleichstellungs- und Vereinbarkeitsthemen geht, sind zumeist die Frauen in der Offensive. Männer reagieren darauf häufig verunsichert und fühlen sich hin- und hergerissen zwischen unterschiedlichen und bisweilen widersprüchlichen Rollenerwartungen. Welches Selbstbild liegt dem zugrunde? Sind Männer an Gleichstellung überhaupt interessiert? Welche Einstellungen und vor allem welche Verhaltensmuster zeigen sie im Hinblick auf Haushalt, Beruf und Familie?
Diese und weitere Fragen empirisch zu beantworten, ist das Verdienst einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten repräsentativen Untersuchung des Heidelberger Instituts Sinus-Sociovision. Die wohl wichtigste Erkenntnis lautet: Es gibt ihn nicht, den Mann. Stattdessen existiert eine große Vielfalt von nicht selten widersprüchlichen Rollenmustern. Das weit gestreute Feld reicht von der Verhaftung in traditionellen Männlichkeitsentwürfen über „Emanzipation in kleinen Dosen“ bis hin zur Selbstverständlichkeit flexibler Geschlechterrollen. Besonders auffallend ist der Widerspruch zwischen steigendem Gleichstellungsinteresse der meisten Männer einerseits und einem weiterhin verbreiteten Festhalten an traditionellem Verhalten andererseits. Die Gründe dafür liegen sowohl in strukturellen Barrieren im Arbeitsmarkt als auch in einem Mangel an positiven männlichen Leitbildern. Nicht zuletzt spielen überkommene Erwartungen eines Teils der Frauen an männliches Verhalten eine Rolle.
„Männer: Rolle vorwärts, Rolle rückwärts?“ ist ein materialreiches und informatives Buch, das deutlich macht, wie viele Hürden noch zu überwinden sind, bis Geschlechtergerechtigkeit auch von den Männern selbst als Bereicherung erlebt werden kann.
Jörg Maywald
Carsten Wippermann, Marc Calmbach, Katja Wippermann
Männer: Rolle vorwärts, Rolle rückwärts?
Identitäten und Verhalten von traditionellen, modernen und postmodernen Männern
Verlag Barbara Budrich 2009
224 Seiten
29,90 €
Sich auf das Kind einlassen und sich selbst treu bleiben
Männern, die heutzutage Vater werden, bieten sich vielseitigere Möglichkeiten, diese Rolle auszufüllen, als es noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Starre und vorgefertigte Erwartungen haben sich gelockert und Platz gemacht für Freiräume zur individuellen Ausgestaltung des Vaterseins.
Der Pädagoge und Familientherapeut Ansgar Röhrbein hat nun ein Lese- und Arbeitsbuch für Väter vorgelegt, das dazu anregt, sich aktiv und bewusst mit der Frage auseinander zu setzen, welche Art von Vater man sein möchte.
Verschiedene Aspekte von Vaterschaft in unterschiedlichen Lebensphasen und unter besonderen Bedingungen werden beschrieben. Neben der eigenen Einstellung spielen die Partnerschaft und die beruflichen Umstände eine große Rolle sowie das Vorhandensein von Kraft gebenden Ressourcen und Netzwerken.
Besonders gelungen ist die Einbindung dessen, was Kinder für eine gesunde Entwicklung benötigen und was ihre Väter ihnen dafür mitgeben können und sollten. Offenheit sowohl für die kindlichen als auch für die eigenen Bedürfnisse ist ein Aspekt, den Röhrbein aufmerksam beschreibt.
Die Stilmittel des Buches sind vielseitig und anregend, sie reichen von persönlichen Erfahrungen des Autors über reflektierende Fragestellungen an den Leser, Interviews, Karikaturen, Literatur- und Expertenzitate bis zu einer Fülle von Hinweisen auf weiterführendes Material. Dies zeugt von der langjährigen persönlichen und beruflichen Erfahrung eines Vaters und Fachmanns, der ganz nah am Thema ist und es versteht, Engagement mit viel Fachwissen und Informationen zu verbinden.
Marita Salewski
Ansgar Röhrbein
Mit Lust und Liebe Vater sein
Gestalte die Rolle deines Lebens
Carl-Auer Verlag Heidelberg 2010
200 Seiten
17,95 €
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