25 Jun fK 2/09 Sabo
Auch Clowns brauchen ein Dach über der Nase
Der Dachverband Clowns für Kinder im Krankenhaus Deutschland e.V.
von Gabi Sabo
Seit über zehn Jahren bekommt das deutsche Gesundheitssystem Unterstützung durch die private Hand, und das in einem unerwarteten und unerwartet umfangreichen Maße. Wenn nämlich plötzlich auf Kinderstationen lauthals gelacht und gequietscht wird, sind ganz besondere „Lachdoktoren“ meist nicht weit. Von Jahr zu Jahr absolvieren mehr Klinikclowns ihre lustigen Visiten in Krankenhäusern und übrigens auch in Seniorenheimen. Ihre Besuche finanzieren sich ausschließlich über Spenden und sind in vielen Institutionen zu einem wichtigen Faktor für das Wohlbefinden der Patienten und alten Menschen geworden. Um diese Lachkraft zu stärken, haben sich die Klinikclowns zu einem Dachverband zusammengetan.
Die Einsicht, dass Lachen Heilen hilft, und dass ein ganzheitlicher Ansatz auch die Kraft der Heiterkeit nutzen muss, setzt sich langsam aber unaufhaltsam durch, und die Nachfrage nach Visiten von Klinikclowns steigt beständig. So bieten erfreulicherweise immer mehr Clowns regelmäßig Lachvisiten an. Viele dieser Clowns sind in gemeinnützigen Vereinen organisiert, von denen wiederum fünf große sich zu einem Dachverband zusammengeschlossen haben. Seit 2004 gibt es diese Interessensvertretung mit dem irreführend trockenen Titel „Dachverband Clowns für Kinder im Krankenhaus Deutschland e.V.“
Was macht nun so ein Clown im Krankenhaus und wozu braucht er einen Dachverband? Viele Eltern haben vielleicht schon Kontakt mit den Klinikclowns gehabt, sei es bei Besuchen in Kinderkliniken oder wenn das eigene Kind stationär behandelt werden musste. Klinikaufenthalte bedeuten für Kinder eine schwierige Situation, die sie aus vertrauten Beziehungen reißt. Sie verlassen ihr soziales Umfeld und sind einem Stress ausgesetzt, der seelische und psychische Verunsicherungen auslösen kann. Die Clownsbesuche helfen Kindern und Eltern, mit Lachen und Spaß für einen Augenblick dem Krankenhausalltag zu entfliehen.
Stolpernde Lichtgestalten
Da purzeln die immer paarweise auftretenden Klinikclowns wie Gestalten von einem anderen Stern durch die Gänge und verbreiten freigiebig Heiterkeit und Leichtigkeit, können aber auch mal ganz sanft nur über den Rücken streicheln. Kinderaugen leuchten aus blassen Gesichtern, Eltern und Pfleger atmen mal anders durch, und selbst eingefleischte Schulmediziner wissen inzwischen die Kraft des Lachens zu schätzen. Mitten zwischen Schläuchen und Kanülen entsteht ein magischer Moment, der ganz allein den Kindern und den Klinikclowns gehört. Scherze fliegen hin und her, auch mal eine Gummipizza und fast auch die Oberschwester. Wie kleine Kraftwerke zaubern die Lachdoktoren scheinbar aus dem Handgelenk eine neue Energiequelle in den Klinikalltag, der für Kinder und Eltern als sehr belastend empfunden wird.
Die Klinikclowns arbeiten eng mit den Pflegern und Ärzten zusammen und können durch ihre komische Unbekümmertheit oft Schranken und Barrieren durchbrechen. Manchmal fließen Tränen, und dann werden die bunten „Ärzte“ zu sensiblen Tröstern. Denn obwohl ihnen meist nur ein Nachmittag pro Woche zur Verfügung steht, können die beiden Klinikclowns (wenn möglich ein Herr Doktor und eine Frau Doktor) die Visiten so aufteilen, wie es die Situation erfordert. Natürlich wird da kein festes Programm heruntergespult, sondern der Besuch entwickelt sich aus der Situation heraus. Die Kinder passen „ihre“ Klinikclowns oft schon auf dem Flur ab, damit ja keine Minute der wertvollen Auftankzeit verpasst wird.
Respekt und Würde
Diese Arbeit erforderte und erfordert noch immer wieder Pionierdenken, denn ständig tun sich neue Aufgabenfelder auf, sind flexible Lösungen zu individuellen Problemen nötig. Hier zeigt sich der Nutzen eines deutschlandweiten Dachverbandes, denn gegenseitiger Erfahrungsaustausch, gemeinsame bundesweite Aktionen und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit reichen einfach weiter. Bisher sind fünf Vereine im Dachverband mit ihren jeweiligen großen Einzugsgebieten: Die Clowndoktoren e.V. mit Sitz in Wiesbaden, KiKK e.V. aus Köln, die KlinikClowns Bayern e.V. mit Zentrale in Freising; die Clownsvisite e.V. grüßen aus Bochum und der jüngste Neuzugang Clownsnasen e.V. aus Leipzig. Diese Vereine verpflichten sich auch einer Qualitätssicherung der professionellen künstlerischen Arbeit auf „einheitlich hohem Niveau“. Denn das erfolgreiche Konzept „Klinikclown“ findet viele Nachahmer, die durchaus wohlmeinend antreten mögen, doch oft nicht mit der entsprechenden Technik, Ausbildung und Erfahrung gerüstet sind. In einem so sensiblen Arbeitsfeld wünschen sich die Mitglieder des Dachverbandes größtmögliche Sorgfalt und Verantwortung und haben deshalb einen Ethikkodex und klare Richtlinien entwickelt, an die sich auch Neubewerber halten müssen: „Der Clown verrichtet seine Arbeit immer mit Respekt vor der Arbeit des Klinikpersonals. Seine Arbeit basiert auf dem Respekt für die Würde, die Persönlichkeit sowie die Privatsphäre der Patienten und deren Familien. Der Clown hält seine professionelle Integrität aufrecht, unabhängig von persönlichen Gefühlen, die er einer Person gegenüber haben mag“.
Der „Dachverband Clowns für Kinder im Krankenhaus Deutschland e.V.“ unterstützt auch Vereine finanziell, die diesen Kriterien noch nicht entsprechen, etwa die Greifswalder „Grypsnasen“ oder die Bielefelder Gruppe „Dr. Clown“. Mal wird für ein Jahr die Finanzierung der Clownsbesuche übernommen, mal ein Zuschuss für eine Fortbildung ausgeschüttet. Der Verband engagiert sich eben nicht nur für seine Mitglieder, sondern steht auf der Website und auch im persönlichen Gespräch mit Rat und Tat zur Seite. Zu diesem Service gehören Informationen über Hygiene und Fortbildungen, Literaturlisten und Erfahrungsberichte. Die Vorsitzende des Dachverbandes, Elisabeth Makepeace, erklärt: „Es ist natürlich in unserem Interesse, die Qualität und Kontinuität der Clownsvisiten im deutschsprachigen Raum zu verbessern. Unsere Arbeit erfährt große Nachfrage und sehr positive Rückmeldung. Aber um diesen Zuspruch dann auch in eine selbstverständliche Position innerhalb einer Klinik oder auch nur in eine gesicherte Finanzierung für ein Clownspaar umzusetzen, brauchen wir ein überregionales Organ, das die Kräfte bündelt und beispielsweise als Ansprechpartner für Kongressveranstalter oder Krankenkassen wirkt.“
Jeder Cent zählt
Noch begrenzen auch hier die leidigen Finanzen diesen sinnvollen Energieschub für Kinder im Krankenhaus. Nur durch weitere Spenden und neue Sponsoren können all die Institutionen besucht werden, die sich für ihre Patienten Visiten der Lachdoktoren wünschen. Ob kleine oder große Beträge, einmalige Benefizaktionen oder regelmäßige Zuwendungen, die Lachdoktoren verwandeln Spenden in ein Humorfeuerwerk für Kinder und Senioren. Mit einer Spende an den Dachverband erreichen Sponsoren eine überregionale Zielgruppe, mit einer direkten Spende an die einzelnen Mitgliedsvereine eine größere lokale Bindung. In jedem Fall aber profitieren die Kinder davon.
Dr. phil. Gabi Sabo ist freischaffende Journalistin in Grafing bei München.
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