fK 2/02 Zürich

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Kindertagesstätten zahlen sich aus

Ergebnisse einer Studie im Auftrag des Sozialdepartements der Stadt Zürich

Was das Engagement für Kindertagesstätten bringt und kostet

Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Kindertagesstätten der Stadt Zürich ist hervorragend. Den Kosten steht ein 3- bis 4-facher Nutzen gegenüber. Zu diesem Ergebnis sind Karin Müller Kucera und Tobias Bauer (Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Zürich 2001) in ihrer Untersuchung „Volkswirtschaftlicher Nutzen von Kindertagesstätten – Welchen Nutzen lösen die privaten und städtischen Kindertagesstätten in der Stadt Zürich aus?“ gekommen.

102 Krippen (mit städtischer oder privater Trägerschaft für Kinder von 0 bis 6 Jahren) und so genannte Chindsgis (privat organisierte Kindertagesstätten für Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren) in der Stadt Zürich wurden in die Untersuchung einbezogen. Diese Kindertagesstätten haben 1999 rund 2.200 Betreuungsplätze angeboten und durchschnittlich 3.500 Kinder betreut.

Die Studie erfasst nicht nur die in Franken und Rappen bezifferbaren Kosten und Nutzen für die Gesellschaft als Ganzes, sondern beschreibt auch die qualitativen Auswirkungen, die schwer in Geld umzurechnen sind.

Wie kann man herausfinden, wie groß die Wirkungen der Kindertagesstätten auf die betreuten Kinder, die Eltern dieser Kinder, die Steuerzahler(innen) und die Stadt Zürich sowie die Unternehmen sind?

In der Studie wird untersucht, was passieren würde, wenn die 3.500 Kinder plötzlich nicht mehr in Kindertagesstätten betreut würden. Diese Auswirkungen entsprechen dem Nutzen, den die Tagesstätten für alle Betroffenen heute auslösen.

Die Steuerzahler(innen) profitieren

Die Steuerzahler(innen) profitieren auf vielfältige Art und Weise von den Kindertagesstätten. Die 942 Angestellten der Kindertagesstätten bezahlen Steuern auf ihren Lohn.

Die Eltern können dank der familienergänzenden Betreuung zusätzliche Erwerbsarbeit leisten, was zu mehr Einkommen (unmittelbares Mehreinkommen) und damit zu neuem Steueraufkommen führt. Die Eltern haben die Möglichkeit, sich nicht oder nur kurz vom Arbeitsmarkt zurückzuziehen. Damit bleiben ihre Lohn- und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten, was sich künftig in einem höheren Einkommen (mittelbares Mehreinkommen) und zusätzlichen Steuern niederschlagen wird. Die Eltern können sich dank zusätzlichem Einkommen ihre Existenz besser selbst sichern, so dass weniger Familien auf Sozialhilfebeiträge und Kleinkinderbetreuungsbeiträge (KKBB) der öffentlichen Hand angewiesen sind. Ohne die Erwerbsmöglichkeit dank der Kindertagesstätten würden zusätzlich rund 350 Haushalte unter das Existenzminimum fallen und damit auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein.

Die leistungssteigernde und integrative Wirkung von Kindertagesstätten hilft der öffentlichen Hand langfristig auch Ausgaben zu sparen. Die Kinder benötigen dadurch beispielsweise weniger zusätzliche schulische Förderungsmassnahmen und für die Stadt Zürich entstehen weniger Aufwendungen auf Grund krimineller Handlungen schlecht integrierter Jugendlicher.

Die Kinder bekommen zusätzliche soziale Kontakte

Der Nutzen für die Kinder kann vor allem qualitativ beurteilt werden. Voraussetzung für hohen Nutzen ist, dass die Betreuung in den Kindertagesstätten von guter Qualität ist. Ist diese Qualität vorhanden, so lassen sich für Kinder aus durchschnittlichen sozialen Familienverhältnissen positive Auswirkungen auf die schulischen Leistungen feststellen. Langfristig ist mit einer besseren Ausbildung die Möglichkeit verbunden, höhere Einkommen zu erzielen, was auch ein größeres Steueraufkommen erwarten lässt.

Für Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen kommt zu den verbesserten schulischen Leistungen noch eine gestärkte soziale Integration dazu.

Tagesstätten übernehmen somit insbesondere für Kinder, die alleine aufwachsen und für Kinder aus kürzlich eingewanderten Familien eine zentrale Rolle bei der Integration und Sozialisation, aber auch die anderen haben oft einen leichteren Übertritt in die Schule, zeigen bessere schulischen Leistungen und sind eher stärker sozial integriert.

Die Familien erreichen höhere Einkommen, eine bessere soziale Sicherheit und sind weniger armutsgefährdet

Die Eltern profitieren von der familienergänzenden Kinderbetreuung vor allem durch die Möglichkeit, unmittelbar zusätzliches Einkommen zu erzielen. Dadurch vergrößern sich auch die Beiträge an die Sozialversicherungen, was zu einer besseren sozialen Sicherheit führt.

Dank der guten Betreuung ihrer Kinder können die Eltern mehr oder weniger ununterbrochen erwerbstätig sein. Damit verbessert sich die persönliche Ausgangslage der Eltern auf dem Arbeitsmarkt auf lange Sicht, weil ihr berufliches Ausbildungs- und Erfahrungswissen erhalten bleibt bzw. noch erweitert werden kann. Ein größerer Erwerbsunterbruch mit einem später häufig schwierigen Wiedereinstieg und verminderten Lohnchancen kann so vermieden werden. Diese verbesserte Situation auf dem Arbeitsmarkt drückt sich vor allem in einem höheren Einkommen aus (mittelbares Mehreinkommen), was wiederum zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge auslöst.

Auch die Alterssicherung kann dank zusätzlichem Verdienst vermehrt aus eigener Kraft gedeckt werden, so dass längerfristig weniger AHV-Zusatzleistungen ausbezahlt werden müssen.

Kindertagesstätten sind außerdem auch für die Eltern Orte des Gesprächs und der Kontakte, was zur sozialen Integration beiträgt. Dieser Austausch ist ganz besonders für Immigrationsfamilien von zentraler Bedeutung, da sie dadurch die Möglichkeit bekommen, sich mit schweizerischen Familien und Organisationsformen vertraut zu machen.

Die Unternehmen genießen Standortvorteile und können Know How erhalten

Für Unternehmen ist die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften ein zentraler Punkt bei der Frage, wo sie ihren Standort wählen und wie sie sich entwickeln können. Eine optimale Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit ist eine wichtige Voraussetzung, um – insbesondere Frauen – eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die Gesellschaft profitiert auf vielfältige Weise, wenn es bei der Familiengründung zu keinen (größeren) Erwerbsunterbrüchen kommt: Aufwändige Investitionen in Ausbildungen bleiben nicht einfach ungenutzt, Unternehmen profitieren von der Erhaltung des unternehmenseigenen Wissens und haben auf dem Arbeitsmarkt eine größere Auswahl an qualifizierten Arbeitskräften. Ausreichende und gute Angebote an Kindertagesstätten sind deshalb ein Beitrag zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Zürich, denn die Einwohner(innen) zählen familienergänzende Einrichtungen zu den wichtigsten öffentlichen Einrichtungen in der Stadt Zürich.

Das Engagement für Kindertagesstätten kostet

Die jährlichen Kosten für die rund 3.500 in den 102 Tagesstätten betreuten Kinder beliefen sich 1999 auf rund 39 Millionen Franken. Gut die Hälfte davon (rund 20 Millionen Franken) bezahlten die Eltern mit ihren Beiträgen. Rund 18 Millionen Franken (46%) bezahlten die Steuerzahler(innen) bzw. die Stadt Zürich. Eine Millionen Franken (2%) trugen Dritt bei; vor allem Unternehmen, die in bestehenden Kindertagesstätten einzelne Betreuungsplätze für ihre Mitarbeiter(innen) finanzieren.

Die Nutzen und Kosten auf einen Blick

Die Kindertagesstätten verursachten 1999 Kosten von insgesamt rund 39 Millionen Franken. Diesen Kosten stehen Nutzen in der Größenordnung von rund 137 bis 158 Millionen Franken gegenüber.

Die Beiträge an die Kindertagesstätten lohnen sich: Pro Franken, der gesamthaft investiert wird, fließen zwischen 3 und 4 Franken an die Gesellschaft zurück. Dazu kommen noch die positiven Auswirkungen, die sich nicht in Franken und Rappen bemessen lassen.

Diese Rechnung setzt sich aus den verschiedenen, in der folgenden Abbildung aufgeführten Teilen zusammen. Die Nutzen sind in drei Kategorien aufgeteilt:

  • direkte Nutzen, die unmittelbar mit den Wirkungen der Kindertagesstätten verbunden sind
  • indirekte Nutzen, die mittelbar mit den Kindertagesstätten zusammenhängen
  • intangible Nutzen, die auf die Wirkung der Kindertagesstätten zurückgeführt werden, aber nicht bewertet oder in Franken und Rappen umgerechnet werden können.

Die Bilanz für die Stadt Zürich

Die Stadt Zürich unterstützte 1999 die Kindertagesstätten mit rund 18 Millionen Franken. Pro Steuerfranken, der in Tagesstätten investiert wird, fließt rund 1,6 Franken an die öffentliche Hand zurück – in Form von zusätzlichen Steuereinnahmen (rund 21 bis 24 Millionen Franken) sowie eingesparter öffentlicher Ausgaben (rund 7 Millionen Franken). Somit ist auch aus rein steuerlicher Betrachtung die Investition in Kindertagesstätten lohnend.

Allerdings fällt der steuerliche Nutzen nicht nur in der Stadt Zürich an, sondern insbesondere auch beim Kanton Zürich und beim Bund, so das unter dem Strich für die Stadt Zürich eine negative Bilanz von rund 4 Millionen Franken entsteht. Bund und Kanton profitieren von den Steuereinnahmen, ohne sich an den Kosten der Kindertagesstätten z beteiligen.

Quelle: Edition Sozialpolitik Nr. 5a, Zürich 2001

Die vollständige Fassung einschließlich aller Tabellen ist zu beziehen beim Sozialdepartement der Stadt Zürich (info@sd.stzh.ch )

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