25 Jun fK 1/09 Nelles
Väter wollen das!
Das Väterexpertennetz Deutschland VEND e.V.
von Hans-Georg Nelles
Väter sind in Mode, in Medien wird viel über sie geschrieben und berichtet, sie sind Gegenstand von zahlreichen Untersuchungen und Befragungen und sie sehen sich mit Erwartungen und Zuschreibungen konfrontiert, die eine echte Herausforderung darstellen. Neue Wege, für die es zwar viele Karten, aber wenige Reiseberichte gibt, wollen gegangen werden.
Doch da schwebt auch, quasi als Damoklesschwert, das konservative Dogma, das sich tief ins gesellschaftliche Bewusstsein eingebrannt hat und das insbesondere von der Rechtssprechung immer wieder hervorgekramt wird: „Ein guter Vater ist nicht jemand, der mit seinen Kindern spielt oder ihnen sagt, dass er sie liebt. Ein guter Vater ist einer, der arbeiten geht, um seine Kinder zu ernähren. Die Mutter darf arbeiten, aber er muss arbeiten, weil Vaterschaft und Arbeiten dasselbe sind.“
Dem stehen seit über 20 Jahren Befragungsergebnisse gegenüber, die deutlich machen, dass sich Väter zunehmend von dieser Vorstellung lösen: mehr als zwei Drittel sehen sich nicht mehr in erster Linie als Ernährer sondern als Erzieher ihrer Kinder. Männer, die ihren Wunsch nach Vaterschaft, der bei über 90 Prozent nach wie vor virulent ist, heute umsetzen, lassen sich für die Entscheidung mehr Zeit als ihre eigenen Väter und anders als diese möchten sie Beruf und Familie in Balance halten. Fragen der Vereinbarkeit spielen für qualifizierte Berufseinsteiger bei der Wahl des Arbeitgebers inzwischen eine ebenso große Rolle wie die Vergütung.
Die Zahl der Väter, die die Partnermonate in Anspruch nehmen, wächst kontinuierlich und Verantwortliche in Unternehmen sowie Fachkräfte in der Geburtsvorbereitung, Familienbildung und in Kindergärten und Schulen werden mit Männern und Vätern konfrontiert, die auf der Suche nach neuen Handlungsmöglichkeiten und Rollenmustern sind. Obwohl aktive Väter ein großer Gewinn für Erziehungs- und Beratungseinrichtungen und deren geschlechtsbewusster Erziehung von Mädchen und Jungen sein können, gibt es dort kaum bewährte Konzepte und Angebote, um mit Vätern ausdauernd und bedarfsgerecht zusammen zu arbeiten. Auch in Betrieben herrscht vielfach noch eine Unternehmenskultur, die auf Anwesenheit und Kontrolle statt auf Eigenverantwortung und Engagement setzt. Eine Arbeitszeitreduzierung von Vätern aus familiären Gründen wird vielfach nicht akzeptiert und als Minderung der Leistungsbereitschaft interpretiert.
Vor dem Hintergrund haben sich vor vier Jahren Experten, die sich in der Praxis von Familienbildung, Beratung, Betrieben und Erziehungseinrichtungen, aber auch in Forschung, Rechtssprechung und Kultur beruflich mit Vätern beschäftigen, zum Väterexpertennetz Deutschland (VEND e.V.) zusammengeschlossen. Die Ziele des Vereins sind Vernetzung und Lobbyarbeit. Auf einer zweiten Ebene wirkt der Verein daran mit, gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass (1) aktive Vaterschaft erleichtert wird, (2) Väter ihre Balance zwischen Kindern, Partnerschaft, Beruf und Freizeit gestalten, (3) Väter sich für das Wohl ihrer Kinder einsetzen und (4) Männer ihre personalen und sozialen Kompetenzen, die sie für eine erfolgreiche Vaterschaft benötigen, entwickeln können.
Einen großen Stellenwert in der Arbeit des VEND e.V. hat die Informations- und Wissensvermittlung zum Thema Väter gegenüber Politik und Verbänden. Die Mitglieder des Netzwerks wirken in Kooperation mit Landes- und Bundesministerien als Experten zum Thema Rollenwandel von Männern und Vätern mit, stehen als Referenten zur Verfügung und publizieren ihre Arbeitsergebnisse in Fachbeiträgen.
In Modellprojekten werden neue Ansätze der Arbeit mit Vätern zum Beispiel in der Geburtsvorbereitung und in Unternehmen erprobt. Zur Vernetzung von Fachleuten aus Pädagogik, Beratung, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft werden regelmäßig Fachtagungen und Fortbildungsveranstaltungen organisiert, in der Regel mit regionalen Partnern oder anderen Fach- und Interessenverbänden. So wurde 2007 das Europäische Symposium „Career – Future – Family“ gemeinsam mit den „Young Business Professionell Women“ durchgeführt und 2008 der Workshop „Mehr Wertschätzung für Mütter und Väter! Wie können wir das Bild von Eltern in der Arbeitswelt ändern?“ gemeinsam mit dem Verband Berufstätiger Mütter und der Friedrich Ebert Stiftung. Neben der nationalen Vernetzung bestehen Kooperationsbeziehungen zu Netzwerken der Männer- und Väterarbeit in Schweden, Großbritannien, der Schweiz und anderen europäischem Ländern.
Hans-Georg Nelles ist Organisationsberater und Geschäftsführer des VEND e.V. in Düsseldorf.
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