fK 1/09 Kinderrechte aktuell

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Bald 20 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Vereinten Nationen bietet Deutschland im Hinblick auf Kinderrechte ein zwiespältiges Bild. Einerseits wurde die kinderrechtliche Situation in zahlreichen Punkten verbessert. Beispielhaft hierfür seien das Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen im Falle von Trennung oder Scheidung der Eltern (eingeführt im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform 1998) und die Einführung des Rechts jedes Kindes auf gewaltfreie Erziehung aus dem Jahr 2000 genannt. Andererseits bestehen weiterhin gravierende Defizite bei der Umsetzung zahlreicher Kinderrechte. Zu diesen Defiziten zählen vor allem die starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs und der gesundheitlichen Versorgung der Kinder vom Bildungsgrad der Eltern, das im Vergleich zu Erwachsenen große Risiko vieler Kinder, in Armut aufzuwachsen und die Missachtung zahlreicher Rechte der Kinder auf Schutz, Förderung und Beteiligung in Familien, Kindertageseinrichtungen und Schulen.

Monitoring der Kinderrechte in Deutschland

Vorschlag für eine Nationale Konferenz für die Rechte des Kindes

Neben der noch nicht abgeschlossenen rechtlichen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in deutsches Recht ist hinsichtlich der Umsetzung der Kinderrechte in die deutsche Rechtswirklichkeit eine konsequente Datenerhebung, Bewertung und Perspektivenentwicklung geboten. Dies ist ein wichtiger Bestandteil des vom Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes mehrfach angemahnten unabhängigen Monitoringsystems für Deutschland.

Monitoring der Kinderrechte
Die National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland (National Coalition), ein bundesweiter Zusammenschluss von mehr als 100 Organisationen in Rechtsträgerschaft der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, hat einen umfassenden Vorschlag für ein solches Monitoringsystem zur Diskussion gestellt (siehe Band 1 der Publikationsreihe „Monitoring der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland – Das Einstiegsmodell“). Darin werden drei grundlegende Funktionen als essentiell für ein wirksames Monitoring herausgestellt: (1) Datenerhebung und Berichterstattung als Bestandsanalyse zur Situation; (2) Beschwerdemanagement zur Erfassung und Bearbeitung konkreter Rechtsverletzungen; (3) Bewertung und Perspektiven als Grundlage politischer Handlungsansätze.

Im Rahmen der Bewertung und der Entwicklung von Perspektiven als Grundlage politischer Handlungsansätze (Punkt 3) schlägt die National Coalition die Einrichtung einer „Nationalen Konferenz für die Rechte des Kindes“ vor.

Aufgabe und Ziel der Nationalen Konferenz für die Rechte des Kindes
Aufgabe der Nationalen Konferenz für die Rechte des Kindes ist es, eigenständige und unabhängige Bewertungen zum Stand der Verwirklichung der Kinderrechte in Deutschland abzugeben und Perspektiven zu formulieren, die über den Zeithorizont einer Legislaturperiode hinausreichen. Es geht um langfristige Entwicklungslinien und Einschätzungen angesichts weit vorausschauender Zukunftsszenarien.

Ziel der Nationalen Konferenz für die Rechte des Kindes ist es, Anstöße für konkrete Verbesserungen der Kinderrechte zu geben, das Bewusstsein für Kinderrechte zu schärfen und einen Impuls zu setzen für die dauerhafte Einrichtung eines Monitoring der Kinderrechte in Deutschland. Die Berichterstattung gemäß Artikel 44 der UN-Kinderrechtskonvention ist dafür eine wichtige Grundlage. Durch diesen allgemeinen, zugleich aber mit Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention spezifisch gefassten Auftrag unterscheidet sich die Konferenz von anderen Beratungsgremien.

Veranstalter und Leitung
Die Konferenz ist eine Veranstaltung der National Coalition. Die National Coalition und ihr Rechtsträger – die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ – sind gemeinsam für die Konzeption und Durchführung der Konferenz verantwortlich.

Für die Konferenz wird ein Konferenzpräsidium eingerichtet, das aus dem Schirmherrn der National Coalition, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ und dem/der Sprecher(in) der National Coalition besteht. Das Konferenzpräsidium leitet die Konferenz und ist Kommunikator für die Öffentlichkeitsarbeit.

Größe und Zusammensetzung der Konferenz
Die Nationale Konferenz für die Rechte des Kindes besteht aus bis zu hundert Personen: je 40 Erwachsene und 40 Kinder bzw. Jugendliche (entsprechend der 40 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention, in denen 40 einzelne Rechte benannt werden) sowie rund 20 Vertreter(innen) der Veranstalter (Schirmherr und Koordinierungsgruppe der National Coalition sowie Geschäftsführender Vorstand der AGJ.

Auswahl der Teilnehmer(innen)
In einer gemeinsamen Findungskommission erarbeiten die Koordinierungsgruppe der National Coalition und die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ eine Vorschlagsliste mit Namen der einzuladenden Persönlichkeiten. Die Einladung erfolgt durch die National Coalition und ihren Schirmherrn.

Bei der Auswahl der einzuladenden erwachsenen Persönlichkeiten werden die zentralen Bereiche der UN-Kinderrechtskonvention berücksichtigt: bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von Kindern. Bei der Auswahl sollen Persönlichkeit und Expertise, weniger die verbandliche Repräsentation im Vordergrund stehen. Das deutsche Mitglied im UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, Prof. Dr. Lothar Krappmann, wird als Ehrengast zu der Konferenz eingeladen.

Die Auswahl der Kinder und Jugendlichen soll den Standards der National Coalition und der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entsprechen. Die Auswahl wird so gestaltet, dass sowohl Vertreter(innen) von Schulen und Jugendorganisationen berücksichtigt werden, als auch Kinder und Jugendliche, die besondere Lebenswelten (z. B. Kinder und Jugendliche aus Heimen) repräsentieren.

Arbeitsweise der Konferenz
Die eingeladenen erwachsenen Persönlichkeiten bereiten im Vorfeld der Konferenz schriftliche Stellungnahmen vor, die eine Diskussionsgrundlage für die Konferenz bilden. Die National Coalition erarbeitet für diese Stellungnahmen gezielte Fragen und inhaltliche Vorgaben, die sich an der UN-Kinderrechtskonvention orientieren. Die eingereichten Stellungnahmen werden als Dokument im Voraus zusammengestellt und allen Teilnehmer(inne)n der Konferenz vorab zur Verfügung gestellt.

Mit den eingeladenen Kindern und Jugendlichen wird eine zweitägige Vorkonferenz durchgeführt, in der die von der National Coalition im Vorfeld erarbeiteten Fragen und inhaltlichen Vorgaben behandelt werden. Im Verlauf der Nationalen Konferenz kommen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in geeigneter Form miteinander ins Gespräch und erarbeiten gemeinsam die Ergebnisse. Einzelheiten zur Arbeitsweise sind dem Methodenkonzept zu entnehmen.

Öffentlichkeitsarbeit und Verbreitung der Konferenzergebnisse Die Ergebnisse der Nationalen Konferenz für die Rechte des Kindes werden im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Pressekonferenz wird vom Konferenzpräsidium durchgeführt. In der Nachbereitung der Konferenz wird eine ausführliche Dokumentation veröffentlicht, die auch den Verlauf und die Diskussionen der Konferenz wiedergibt. Die Ergebnisse der Konferenz werden von der National Coalition in der Dokumentation ausführlich gewürdigt.

Die Konferenzdokumentation wird im medialen und politischen Raum verbreitet sowie Schulen, Jugendorganisationen und den 100 Mitgliedsorganisationen der National Coalition zugänglich gemacht. Sie wird zugleich als Anhang dem so genannten Schattenbericht beigefügt, der Ende 2009 von der National Coalition dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes im Rahmen der Berichterstattung gemäß Artikel 44 der UN-Kinderrechtskonvention überreicht wird.

Zeitpunkt, Turnus und Ort der Konferenz
Die Nationale Konferenz für die Rechte des Kindes findet alle drei bis vier Jahre statt, erstmals im Jahr 2009, zwanzig Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Vereinten Nationen. Der Ort der ersten Veranstaltung ist Berlin.

Vorschlag für das Thema der ersten Konferenz
Es wird vorgeschlagen, die erste Konferenz zu dem Thema „Vorrang für Kinderrechte – Chance oder Ärgernis?“ durchzuführen. Die endgültige Festlegung des Themas erfolgt durch die National Coalition in Abstimmung mit dem Schirmherrn und der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.

Finanzierung
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ als Rechtsträger der National Coalition beantragt die für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Nationalen Konferenz notwendigen Mittel. Der/die Sprecher(in) sowie die Mitglieder der Koordinierungsgruppe der National Coalition leisten sämtliche Arbeiten für die Nationale Konferenz ehrenamtlich.

Quelle: National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, Berlin 2008, www.national-coalition.de

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