fK 1/08 Bautsch

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Der Weg des Frühgeborenen ab der 28 Schwangerschaftswoche zum vollen Stillen

von Katrin Bautsch und Julia Pauls

Schon beim ersten Besuch der Mutter oder des Vaters unmittelbar nach der Aufnahme auf der Station wird den Eltern Körperkontakt zu ihrem Kind ermöglicht. Je nach Stabilität des Kindes auch in Form von häufiger, zeitlich ausgedehnterer Känguruhpflege (angestrebt in den ersten 6 Stunden). Auch bei maschineller Atemunterstützung und Sauerstoffbedarf ist dies möglich.

Ziel ist die Etablierung einer ausreichenden Milchproduktion durch entsprechendes Pumpmanagement und regelmäßige Stillberatung. Die Mütter werden zum frühen und regelmäßigen Abpumpen (mit Doppelpumpset, 8-12 x/24 Stunden) angeleitet. Auch nachts sollte einmal gepumpt werden.

Dem Frühgeborenen wird abgepumpte Muttermilch zum frühen Nahrungsaufbau vom ersten Tag an über die Magensonde verabreicht. Eine Supplementierung der Muttermilch mit Fortifier (dem erhöhten Bedarf Frühgeborener angepasste Ergänzung der Muttermilch durch zusätzliche Kalorien, Mineralien und Eiweiß) ab 10 ml/Mahlzeit ist möglich.

Parallel dazu wird ein behutsamer Weg an die Brust angestrebt. Der Kontakt zur Brust wird bei jedem Känguruhen ermöglicht und durch das Lecken an der Brustwarze angeregt. So früh wie möglich erfolgen Saugübungen an Muttermilch getränkten Wattestäbchen, Stillversuche und alternative Fütterungsmethoden.

Zeigt das Kind ein Saugbedürfnis, werden die Stillversuche der Flaschenfütterung vorgezogen.
Kann die Mutter nicht anwesend sein, wird das Saugbedürfnis des Kindes über Fingerfeeding oder Flaschenfütterung gestillt.

Sobald das Kind regelmäßig bei jeder Mahlzeit trinkt, wird ein ‚24 Stunden rooming in’, viel Haut zu Haut Kontakt und häufige kleine Mahlzeiten angestrebt. Wenn eine Nachsondierung bei noch nicht ausreichender Trinkmenge notwendig ist, sollte diese an der Brust durchgeführt werden.

Frühzeitig wird ein Stillen nach Bedarf (ad libitum Trinken) angestrebt. Stillproben sind nicht nötig, da der tägliche Gewichtsverlauf ein ausreichender Parameter ist. Bei Bedarf wird Fortifier in Wasser gelöst mit dem Löffel nachgegeben.

Wir entlassen nicht nach Orientierung an einem festen Entlassungsgewicht und legen keine Anzahl der Mahlzeiten fest. Sobald das Frühgeborene temperaturstabil ist, stabile Kreislauf- und Atemparameter (keine Atempausen bzw. Apnoen mehr) bietet und unter ad libitum Stillen gut gedeiht, ist die Entlassung möglich. Das kann bei einigen Kindern schon bei einem Körpergewicht von 1700 g sein.
Dies können wir durch familienzentrierte Pflege, frühe Einbeziehung der Eltern und ‚Rooming in’-Möglichkeiten auf der Neonatologie erreichen.

Katrin Bautschist Stillbeauftragte der Kinderklinik Josephinchen – Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin – im St. Joseph-Krankenhaus in Berlin.

Dr. Julia Pauls ist Oberärztin auf der neonatologischen Station der Kinderklinik Josephinchen – Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin – im St. Joseph-Krankenhaus in Berlin.

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