Liga und Lions

Die Arbeit der Deutschen Liga für das Kind – Eine Herausforderung unserer Gesellschaft und der deutschen Lions

Vortrag am 15. Juli 2000 im Forum der Hanse-Merkur Versicherungsgruppe in Hamburg anlässlich der Festlichen Kabinettsübergabe im Lions-District 111 N-Nord

Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit

 

Wenn von Kindern die Rede ist, dann geht es in den letzten Jahren immer wieder und immer mehr um das Thema Jugendkriminalität. Schnelle Verfahren, härtere Strafen, die Einrichtung geschlossener Heime, dies sind nur einige der Forderungen, die im politischen Raum diskutiert werden, um der Probleme Herr zu werden.

Dass Kinder auch Rechte haben, tritt dabei viel zu oft in den Hintergrund. Dabei sind beide Themen, die Rechte von Kindern und die Jugendkriminalität eng miteinander verbunden. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.

Die Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft setzt sich seit über 20 Jahren für die Rechte von Kindern ein. Und ich freue mich über die Gelegenheit, Ihnen heute die Arbeit der Deutschen Liga vorstellen zu dürfen.


Die Entstehung der Deutschen Liga

Geboren wurde die Idee der Gründung der Deutschen Liga im Jahre 1973 – durch einen schrecklichen Auslöser. Damals töteten vier Jugendliche in Neuwied einen ihnen völlig unbekannten Jungen auf grausame Weise. In dem anschließenden Strafverfahren wurde festgestellt, dass das Opfer die Täter nicht provoziert hatte und sich auch nicht gegen die Angriffe gewehrt hatte. Die Angeklagten konnten kein Motiv für ihre Tat nennen. Darüber hinaus offenbarte sich im Verlauf der Strafverhandlung, dass die vier jugendlichen Täter unter schlimmsten Verhältnissen groß geworden waren und schon als Kinder zu Hass und Brutalität neigten.

Dieser sogenannte „Stadionmord von Neuwied“ war Grund und Anlass für einen Vortrag unseres späteren langjährigen Präsidenten und jetzigen Ehrenpräsidenten Dr. Klaus G. Conrad im April des Jahres 1973 auf einer Mitgliederversammlung des Lions Clubs in Bad Dürkheim. In seinem Vortrag machte Conrad den Zusammenhang zwischen fehlender Geborgenheit und Vernachlässigung in der Kindheit und späterer Kriminalität deutlich. Dr. Conrad zündete damit ein Fanal. Er rüttelte wach und schuf den Auslöser für die Gründung der Bürgerinitiative „Kind-Familie-Gesellschaft“ in Neuwied noch im selben Jahr. Und aus dieser entwickelte sich dann die Deutsche Liga für das Kind, die vier Jahre später, 1977, offiziell gegründet wurde. Heute finden sich untern dem Dach der Deutschen Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft u.a. eine Vielzahl von Vereinen, Verbänden, aber auch Berufsgenossenschaften, Städte, Firmen, Service-Clubs und Einzelmitglieder.


Die Arbeit der Deutschen Liga

Kernstück der Deutschen Liga ist die kinderkundlich gefestigte Erkenntnis, dass in den ersten Lebensmonaten und den ersten Lebensjahren die Grundzüge der späteren Persönlichkeit des Kindes und damit auch die Grundmuster des menschlichen Miteinanders geprägt werden. Nicht nur die Erbanlagen, sondern in erster Linie auch die Einflüsse der Umgebung sind es, die die Entwicklung des Kindes prägen. Man kann sich das vorstellen wie eine leere, weiche Wachsplatte, die erstmals geprägt wird, oder wie Nervenstränge, die nun wachsen und erstmals vernetzt werden. Diese früheste Reifungsphase muss in ganz besonderem Maße geschützt werden. Denn das neugeborene Kind ist in existenziellem Umfang auf Hilfe angewiesen. Es kennt und beherrscht noch nicht die Strategien des Überlebens.

Hier setzt die Arbeit der Deutschen Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft an. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, einen Wandel im Bewusstsein der Gesellschaft gegenüber Kind und Familie zu erreichen. Sie begleitet die Entwicklung des kleinen Kindes und den Zustand von Familie und Gesellschaft kritisch. Ihr vordringliches Ziel besteht darin, zu erreichen, dass Kinder in familiärer Geborgenheit zu seelisch gesunden und glücklichen, stabilen, individuellen Menschen heranwachsen. Sie tritt an gegen unsensiblen Umgang mit Kindern in seinen ersten Lebensjahren, der den störungsfreien Aufbau der Persönlichkeit beeinträchtigen kann. Dabei wirkt die Liga vor allen Dingen in zwei Richtungen: Sie will die Vernachlässigung des Kindes – die sogenannte Deprivation – ebenso vermeiden, wie die Überbehütung des Kindes durch Verwöhnung und Einengung. Beides kann zur seelischen Fehlentwicklung des Kleinlindes führen und dazu, dass die Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit, die Entwicklung von Gefühlen, Intelligenz, sozialem Verhalten, Selbständigkeit und Leistungs- und Glücksfähigkeit beeinträchtigt werden. Die wichtigen Weichen werden in den ersten Lebensjahren des Menschen gestellt. Schäden, die durch unrichtigen, nicht kompetenten Umgang angerichtet werden, sind nur schwer zu heilen, ganz abgesehen davon, dass – wie auch sonst – eine spätere Heilung stets mit höheren Kosten für die Allgemeinheit verbunden ist, als eine Vorsorge. Als Justizsenatorin muss ich immer wieder darauf hinweisen, dass die Justiz nicht „richten“ kann, was in der Familie und im sozialen Umfeld eines Kindes über Jahre und Jahrzehnte versäumt wurde.

Ihre ganz vordringliche Aufgabe sieht die Deutsche Liga für das Kind daher darin, sich für die Schaffung von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einzusetzen, die frühkindliche Schädigungen von vornherein verhindern oder doch zumindest verringern helfen.

Die Arbeit der Deutschen Liga ist dabei weit gefächert. Die Liga ist in allen Lebensbereichen aktiv, die das Kleinkind berühren. Das Tätigkeitsfeld reicht von humanitären und aufklärenden Maßnahmen – sowohl gegenüber einzelnen als auch gegenüber der Allgemeinheit – über Förderungen der Eltern-Kind-Beziehung bis hin zur aktiven Teilnahme an gesetzgeberischen Maßnahmen. Darüber hinaus veranstaltet die Deutsche Liga regelmäßig Symposien und Jahrestagungen, die sich mit Fragen der frühen Kindheit und mit Problemen von Familien in diesem Zusammenhang beschäftigen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Förderung wissenschaftlicher Untersuchungen über Einflussgrößen in der frühkindlichen Entwicklung. Dem entspricht auch die Zusammensetzung unseres Vorstandes, in dem sich neben Juristinnen auch und vor allem Kinderärzte, Kinderpsychologen und -pädagogen wiederfinden.

Einige konkrete Tätigkeitsbereiche der Deutschen Liga möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben:


Die Bekämpfung der Jugendkriminalität

Die Bekämpfung der Jugendkriminalität ist eines der Themen, deren sich die Deutsche Liga seit ihrer Gründung besonders angenommen hat. Schließlich war ja ein ungeheuerlicher Fall von Jungendkriminalität der äußere Anlass für die Gründung der Liga. Indem die Deutsche Liga über die frühkindliche Deprivation und deren Folgen aufklärt, hilft sie nicht nur den Familien und dem einzelnen jungen Menschen, sondern darüber hinaus auch der Gesellschaft insgesamt. Denn es ist heute gesicherte Erkenntnis, dass Straffälligkeit, insbesondere unter Jugendlichen hauptsächlich auf Sozialisationsdefiziten beruht. Die Arbeit der Deutschen Liga für das Kind kann zwar nicht dazu beitragen, die bestehenden Missstände zu beseitigen. Sie kann aber dazu beitragen, dass den Anfängen dieser alarmierenden Entwicklung gewehrt und das Übel an der Wurzel gepackt wird. Denn eines ist klar: Die Zunahme der Kinder- und Jugendkriminalität kann weder mit härteren Strafen noch mit einer verstärkten Anwendung des Erwachsenenstrafrechts wirksam bekämpft werden. Das gleiche gilt nach meiner Überzeugung für die geschlossene Heimunterbringung. So wusste schon der Strafrechtswissenschaftler Franz von Liszt vor über hundert Jahren: „Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik.“ Und für diese gute Sozialpolitik kämpft die Deutsche Liga für das Kind. Hilfe und Unterstützung für betroffene, insbesondere alleinerziehende und damit oftmals überforderte Eltern und bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder sind gefragt. Die Gräben zwischen Arm und Reich werden in unserer Gesellschaft immer tiefer. Es muss daher dafür Sorge getragen werden, dass den Betroffenen ein stützendes soziales Netzwerk zur Seite steht, mit deren Hilfe sie Perspektive und Hoffnung auf bessere Lebensumstände gewinnen und konkrete Hilfe auf dem Weg zu diesem Ziel erfahren können.


Die Stärkung der Familie

Hier sind wir bei einem Kernanliegen der Deutschen Liga: Der Stärkung von Familien mit Kindern. Denn Familien werden – gerade in finanzieller Hinsicht – in unserer Gesellschaft benachteiligt. Ihre wirtschaftliche Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr verschlechtert. Die rentenversicherungsrechtliche Anerkennung von Erziehungszeiten setzte erstmals 1986 mit der Anerkennung eines Erziehungsjahres pro Kind ein. Es dauerte dann noch bis zum Jahre 1992, um eine Anerkennung von 3 Jahren zu erreichen. Und erst im Jahre 1997 hat der Bundestag das Rentenreformgesetz 1999 verabschiedet, wonach die Bewertung der Kindererziehungszeiten bei der Rentenversicherung erhöht wurde. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang das große Verdienst der Deutschen Liga für das Kind an dieser – wenn auch sehr langsamen und noch immer nicht ausreichenden Entwicklung – herausstellen. Die Deutsche Liga hatte insbesondere ganz maßgeblich Anteil an dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 1992, und dieses Urteil ist von unschätzbarem Wert für die Verbesserung der Lebenssituation von Familien. In dem Urteil ging es um die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: „Unabhängig davon, auf welche Weise die Mittel für den Ausgleich aufgebracht werden, ist jedenfalls sicherzustellen, dass sich mit jedem Reformschritt die Benachteiligung der Familie tatsächlich verringert. Dem muss der an den Verfassungsauftrag gebundene Gesetzgeber erkennbar Rechnung tragen“ (BVerfGE 87,41). Das Bundesverfassungsgericht führte weiter aus: „Obwohl die Verfassungsbeschwerden zurückzuweisen waren, haben die Beschwerdeführerinnen erreicht, dass der Gesetzgeber dem Lebenssachverhalt Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung künftig in weitergehendem Maße Rechnung tragen muss“ (BVerfGE 87, 48). Diese ausdrücklich benannte Verpflichtung des Gesetzgebers gilt es, immer wieder neu einzufordern – auch jetzt in der Rentenreformdiskussion. Mittlerweile ist das höchste Deutsche Gericht noch einen Schritt weiter gegangen. Mit seinen Beschlüssen zur Einkommenssteuer vom November 1998 verpflichtet es den Gesetzgeber Maßnahmen zum Ausgleich bestehender Nachteile für Familien im Bereich des Einkommenssteuerrechts zu ergreifen und weist ein weiteres mal auf den verfassungsrechtlich verankerten besonderen Schutz der Familie hin.


Die Weiterentwicklung des Kindschaftsrecht

Ein weiterer und ebenso wichtiger Aspekt der Arbeit der Deutschen Liga für das Kind ist das Einfordern und die kritische Begleitung von Gesetzgebungsvorhaben, die das Kindschaftsrecht betreffen. Die Reform des Kindschaftsrechts ist ein immerwährendes Thema. In einer Vielzahl von Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder Veränderungen gefordert, z.B. die ehelichen und die nichtehelichen Kinder in dem Maße gleichzustellen, wie dies die Verfassung in Art. 6 Abs. 5 GG gebietet. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber auf den Wandel der sozialen Gegebenheiten zu reagieren. Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung als Familienrichterin weiß ich: Nahezu keine andere Rechtsmaterie birgt einen derartigen gesellschaftlichen Sprengstoff wie das Familien- und Kindschaftsrecht. Hier stoßen bis heute unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander. Gleichzeitig haben diejenigen, um die es geht, die Kinder, kaum ein Sprachrohr. Kinder verfügen über keine Lobby. Und gerade deshalb kommt der Arbeit der Deutschen Liga eine solche wesentliche Bedeutung zu. Die Deutsche Liga macht sich zum Anwalt der Kleinsten, die sich kaum artikulieren können, und tritt für ihre Rechte und für den weiteren Fortschritt auf den reformerischen Wegen ein.


Was wurde im Bereich des Kindschaftsrechts konkret erreicht?

Die letzte große Kindschaftsrechtsreform ist im Jahre 1998 in Kraft getreten. Sie brachte zum einen die Reform der elterlichen Sorge mit dem einzig vernünftigen, nämlich allein auf das Kind zentrierten Ansatz. Das neue Sorgerecht berücksichtig, dass die elterliche Verantwortung unkündbar ist und nicht von der Partnerschaft der Eltern abhängig sein darf. Das Ziel der Reform, eheliche und nichtehelich Kinder gleichzustellen, ist überwiegend erreicht worden. Kinder haben – unabhängig davon, ob Eltern miteinander verheiratet sind oder nicht – einen Anspruch darauf, dass sich beide Eltern um sie kümmern. Gründe hiervon abzuweichen können sich nur mit Rücksicht auf das Wohl des Kindes ergeben. Erstmals wird nun seit 1998 nicht miteinander verheirateten Eltern die Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts gewährt, soweit sie einen übereinstimmenden Antrag stellen. Diese gemeinsame Sorge bleibt im Trennungs- oder Scheidungsfall bestehen.

Ein anderer Schwerpunkt der letzten Kindschaftsrechtsreform ist die Neuregelung des Umgangsrechts. Das Gesetz stellt klar, dass das Kind ein Recht auf Umgang hat. Das Gesetz lautet: „Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt“ (§1684 Abs. 1 BGB). Diese Regelung ist von besonderer Bedeutung für die Reform des Kindschaftsrechts. Denn erst hierdurch wird der längst fällige Paradigmenwechsel von der Erwachsenenperspektive zur Perspektive des Kindes in einem elementaren Bereich vollzogen. Die Regelung wird noch durch die Verpflichtung ergänzt, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil erschwert (§ 1684 Abs. 2 BGB). Der Appell, der von dieser Regelung ausgeht und die psychologische Wirkung, die hiermit verbunden ist, sind besonders wichtig. Eltern wird deutlich gemacht, dass sie ihr Kind in seiner Entwicklung nachhaltig stören können, wenn sie ihm den Kontakt mit dem anderen Elternteil verweigern. Darüber hinaus – und auch dies begrüßen wir von der Deutschen Liga sehr – werden auch Großeltern, Geschwister und nahestehende Dritte ausdrücklich in die Umgangsregelung mit einbezogen. Sie erhalten ein Umgangsrecht, wenn dies dem Kindeswohl dient.

Dies sind nur einige Beispiele, die aufzeigen, in welchen Bereichen sich die Deutsche Liga in den letzten Jahren engagiert hat. Es gibt viele andere Initiativen und Schwerpunkte, wie etwa die Mitwirkung in der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die Herausgabe zahlreicher Informationsschriften und die Organisation diverser Fachveranstaltungen.

Mit unseren Bemühungen haben wir vieles erreicht. Doch wir sind noch längst nicht am Ziel angekommen. Es bleibt noch viel zu tun! Unsere Ziele sind nicht von heute auf morgen umzusetzen, sondern sie setzen ein stetes Bemühen für ein sich veränderndes gesellschaftliches Bewusstsein voraus.


Die Kampagne zum Recht von Kindern auf gewaltfreie Erziehung

Die Kindschaftsrechtsreform von 1998 hat viele Verbesserungen gebracht. Doch ein Defizit war nach wie vor geblieben: Ich meine die elterliche Züchtigung. § 1631 Abs. 2 BGB lautet bisher wie folgt: „Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Mißhandlungen sind unzulässig.“ Diese Fassung schloss Körperstrafen nicht aus, sondern wollte sie nur auf ein vermeintlich denkbares vernünftiges Maß beschränkt sehen. Ein solches Maß aber gibt es nicht. Denn Schläge und seelische Verletzungen bedrohen das Kindeswohl, an dem sich das Gesetz ansonsten orientiert, stets in existentieller Weise! Noch immer halten viele Eltern eine Tracht Prügel für ein sinnvolles Erziehungsmittel. Und noch immer sehen viele eine Ohrfeige als gerechtfertigt, oder doch als nicht so schlimm an. Nach einer Hochrechnung der Sachverständigenkommission zum Zehnten Kinder- und Jugendbericht 1998 werden in Deutschland jährlich etwa 150.000 Kinder unter 15 Jahren körperlich von ihren Eltern misshandelt. Wir wissen heute, dass Kinder, die zu Hause massiv geschlagen werden, überproportional selbst zu Gewalttätern werden. Das belegt die letzte Pfeiffer Studie zur Jugendkriminalität. Es war also höchste Zeit für das in der vergangenen Woche (am 6. Juli) vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gewaltverbot in der Erziehung. Die neue Fassung des § 1631 Abs. 2 BGB lautet: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Wir haben lange für das Gewaltverbot in der Erziehung gekämpft. Der Gesetzesänderung ist eine 25jährige Diskussion vorausgegangen. Die Deutsche Liga wird das Gewaltverbot in der Erziehung in diesem Jahr mit einer Kampagne begleiten. Unter der Überschrift „Gewaltfrei erziehen – Kinder sind unschlagbar“ wollen wir die Öffentlichkeit über die negativen Folgen von Gewalt in der Erziehung aufklären und auf diese Weise zur Akzeptanz der neuen Regelung beitragen und den ersehnten, längst überfälligen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel mit vorantreiben.
Schlussbemerkung

Die Deutsche Liga hat durch ihre aufklärerische Arbeit zum Bewusstseinswandel über die entscheidende Bedeutung der ersten Lebensjahre für die Entwicklung des Menschen in weiten Kreisen der Bevölkerung mit beigetragen. Dieses geänderte Bewusstsein gilt es jedoch am Leben zu halten und weiter auszubauen. Angesichts der sich wandelnden und besonders für Familien sich bisher ständig verschlechternden wirtschaftlichen Verhältnisse bleibt dies eine große und schwere Herausforderung. Denn auch wenn ein Bewusstsein vorhanden ist, scheitert ein Handeln hiernach in vielen Fällen an den pekuniären Möglichkeiten. Die Vernachlässigung der Kleinkinder bleibt eine reale Bedrohung, und diese wird angesichts der demographischen Entwicklung in unserem Land in Zukunft sogar noch erheblich zunehmen. Die Deutsche Liga wird gegen diese Bedrohung weiter ankämpfen. Dies sind wir den kleinsten Mitgliedern und der gesamten Gesellschaft schuldig. Für unsere Aktivitäten auf den verschiedenen Ebenen, nämlich in der Politik – sei es Justiz-, Finanz- oder Wirtschaftspolitik –, in der Gesellschaft, der Wirtschaft, aber auch gegenüber jedem einzelnen brauchen wir Unterstützung – die Unterstützung unserer Mitglieder!

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit wahrnehmen, den hier anwesenden Mitgliedern der Deutschen Liga für die bisherige Unterstützung zu danken. Halten Sie uns auch in Zukunft die Treue!

Diejenigen, die bisher noch nicht Mitglied der Deutschen Liga sind, möchte ich ermutigen, dies nachzuholen. Wir brauchen Sie. Die Liga kann die Rechte unserer Kinder nur dann würdig und nur dann wirksam vertreten, wenn sie stark ist.

Ich versichere Ihnen: Es lohnt sich!