fK 6/09 Kerl-Wienecke

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Entwicklung guter Qualität in der Kindertagespflege

von Astrid Kerl-Wienecke

Bei der Diskussion um die Tagesbetreuung von Kindern hat die Kindertagespflege in der letzten Zeit große Beachtung gefunden. Insbesondere für Kinder unter drei Jahren gewinnt dieses nicht-institutionelle Betreuungsangebot an Bedeutung. Bei der Kindertagespflege findet die Betreuung der Kinder zumeist in den Wohnräumen der Tagespflegeperson statt. Aber es gibt auch die Möglichkeit, in dafür angemieteten Räumen oder im Haushalt der Eltern als Tagespflegeperson tätig zu sein. Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG), dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) und dem Kinderförderungsgesetz (KiföG) wurde die Kindertagespflege zu einem Betreuungsangebot aufgewertet, das dem der institutionellen Betreuung gleichrangig ist (§ 22 SGB VIII). Damit wird einerseits dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern genüge getan und andererseits wird die Erziehung und Bildung von Kindern neben der Betreuung zu einer genuinen Aufgabe auch in der Kindertagespflege.

Die besonderen Vorzüge der Kindertagespflege sind der familiennahe bzw. familienähnliche und übersichtliche Charakter, der insbesondere den Bedürfnissen kleinerer Kinder gerecht wird. Dazu kommt, dass Kindertagespflege ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf die Betreuungszeiten bietet, dass zudem den beruflichen Erfordernissen der Eltern entsprechend ausgehandelt werden kann. „Flexible Betreuungszeiten“ und „Die Betreuung ist wie in der eigenen Familie“ sind auch die Gründe, die auf die Frage „Warum wählen Eltern die Kindertagespflege?“ in den DJI-Surveydaten 2007 mit am häufigsten genannt wurden.

Dieselbe Befragung ergab zudem, dass 93 Prozent der Eltern, die sich für Kindertagespflege entschieden haben, zufrieden bis sehr zufrieden mit dieser Betreuungsform sind. Zufriedenheit mit der Tätigkeit findet sich ebenso bei den Tagespflegepersonen. Eine Untersuchung von Tietze im Rahmen der Tagespflege-Skala-Untersuchung (TAS) aus dem Jahre 2005 ergab, dass die Tagespflegepersonen im Allgemeinen ein hohes Ausmaß an Arbeitszufriedenheit äußerten. Das Arbeitsklima und das emotionale Wohlbefinden wurden als hoch bewertet.

Nutzungsgrad der Kindertagespflege
Die hohe Zufriedenheit der Eltern mit der Betreuungsform Kindertagespflege ändert nichts an der Tatsache, dass auch knapp fünf Jahre nach Einführung des KICK die Kindertagespflege weit entfernt davon ist, eine wirkliche Betreuungsalternative zu sein, auch wenn die Betreuungszahlen stetig steigen. Waren es im März 2006 33.000 Kinder unter drei Jahren, die in Kindertagespflege betreut wurden, so steig diese Zahl auf im März 2007 bereits 42.600 Kinder. Und noch einmal ein Jahr später, also im März 2008, waren es 51.076 Kinder. Die neuesten Zahlen für März 2009 ergeben, dass Eltern von 61.000 Kindern unter drei Jahren das Angebot Kindertagespflege als Ergänzung zur eigenen Betreuung in Anspruch genommen haben. Im Westen stieg diese Quote bis 2008 um ca. 25 Prozent, im Osten um 11 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ca. 86 Prozent der betreuten Kinder unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und nur 14 Prozent bei einer Tagespflegeperson sind.

Unabhängig davon, wie viele Kinder überhaupt in Kindertagespflege oder Einrichtungen betreut werden, darf nicht aus den Augen verloren werden, dass laut amtlicher Kinder- und Jugendhilfestatistik nur für ca. 17,8 Prozent der Kinder zwischen null und drei Jahren überhaupt Kindertagespflege oder eine Einrichtung zur Verfügung stehen. In den östlichen Bundesländern beträgt diese Quote 42 Prozent, in den westlichen 12,2 Prozent. Vor dem Hintergrund des Ziels der Bundesregierung, bis zum Jahr 2013 für mehr als jedes dritte Kind, nämlich 35 Prozent ein Betreuungsangebot bereit zu halten, wird es wohl auch bei erheblichen Anstrengungen kaum möglich sein, den Bedarf zu realisieren. 30 Prozent des anvisierten Gesamtbedarfs soll durch die Betreuung in Kindertagespflege abgedeckt werden. Damit wird deutlich, dass Tagespflegepersonen ein wichtiger Bestandteil beim Ausbau der Kinderbetreuung sind. Betrachtet man die Steigerung in den Jahren 2006 bis 2009 von jährlich ca. 10.000 Kindern in Tagespflege, wird deutlich, dass es bei der Schaffung von Betreuungsplätzen noch großer Anstrengung bedarf, um das Ausbauziel zu erreichen.

Qualität in der Kindertagespflege
Aber nicht nur der angestrebte Ausbau der Kindertagespflege hat die Diskussionen um die Qualität der Kindertagespflege ausgelöst, da der quantitative Ausbau selbstverständlich auch qualitativen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Es gilt hier zuallererst, diese Qualität überhaupt zu definieren. Eine theoretisch begründete und operationalisierbare Definition guter Qualität der Betreuung in Kindertagespflege ist aus fachwissenschaftlicher Sicht die Voraussetzung für eine zielgerichtete Qualitätssicherung und eine zeitlich geplante Qualitätsentwicklung in der Kindertagespflege. Qualität der Kindertagespflege bedeutet aus der Perspektive der Eltern, der Kinder und der Tagespflegepersonen Unterschiedliches. Während für die Eltern ein bedarfsgerechtes und für sie transparentes Betreuungs- und Förderungsangebot von hoher Bedeutung ist, steht für Kinder ein entwicklungs- und bildungsfördernder Lern- und Beziehungsraum im Zentrum. Tagespflegepersonen brauchen eine Rahmung ihrer Tätigkeit, die qualitätsvolles Arbeiten ermöglicht. Qualität von Kindertagespflege ergibt sich somit aus dem dynamischen Zusammenspiel des Betreuungsdreiecks aus Kindern, Eltern und Tagespflegepersonen.

Gute Qualität braucht als weitere Voraussetzung, dass dem familienähnlichen Betreuungssetting Kindertagespflege zugestanden wird, ein im Vergleich zur institutionellen Kinderbetreuung gleichwertiger Bildungsort für kleine Kinder zu sein. Dem Bildungsort Familie – oder besser Tagespflegefamilie – ist in den Debatten bisher zu wenig Beachtung geschenkt worden. Dabei sind gerade in den Tagespflegefamilienalltag Bildungsprozesse eingelassen und das Bildungsgeschehen ist in die soziale, ökonomische und kulturelle Umwelt der Tagespflegefamilie eingebettet. Alltags- und Daseinkompetenzen, wie beispielsweise Beziehungskompetenz, lernmethodische Kompetenzen, Körper- und Selbstaneignungskompetenzen, Weltaneignungskompetenzen und Werteorientierung bilden dabei die Komponenten der familiären Bildungsleistung.

Damit die Betreuung in der Tagespflegefamilie für das Aufwachsen in der frühkindlichen Phase auch Bildungsleistungen bietet, müssen Tagespflegepersonen einerseits für eine verlässliche, vertrauensvolle und einfühlsame Beziehungsqualität sorgen, also Bindungspersonen sein. Eine anregungsreiche und sorgfältig durch die Tagespflegeperson gestaltete Umgebung schafft andererseits Möglichkeiten dafür, dass die Mädchen und Jungen sich für eine Sache interessieren, vielfältige Erfahrungen sammeln, mit Veränderungen konfrontiert werden und Unterschiede in ihrer Umgebung entdecken können. Dabei ist es notwendig, dass die Kinder zu anderen Kindern Kontakte aufnehmen und dass sie in Interaktion mit ihnen treten können. Es sollte ihnen möglich sein, Verantwortung für sich und für ihr eigenes Tun, aber auch für andere Personen oder Gegenstände zu übernehmen. Gemeinsam mit den anderen oder aber auch beim alleinigen Handeln und Spielen sind dabei die Schwierigkeiten oder Umwege als Teil des Bildungs- und Lernprozess zu sehen und zu verstehen.

Gelingensbedingungen für das Aufwachsen in Kindertagespflege
Die Kindertagespflege sollte als die erste Stufe eines Bildungssystems gesehen werden, in der das Kind sich Fähigkeiten aneignet und diese später in den Kindergarten mitbringt.

Zur Sicherung und Entwicklung der pädagogischen Bildungs- und Betreuungsqualität ist eine fundierte Qualifizierung der Tagespflegepersonen eine unabdingbare Voraussetzung. Gegenwärtig – und das ist sehr bedauerlich – existieren in den einzelnen Bundesländern noch keine einheitlichen Anforderungen an die Ausübung dieser Tätigkeit. Zur Ausübung der Kindertagespflege ist die gesetzliche Erteilung der Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt Bedingung. An die Erteilung der Pflegeerlaubnis sind lediglich eine Reihe von eher unspezifisch formulierten persönlichen sowie sächlichen und räumlichen Eigenschaften und Voraussetzungen gebunden. Dazu kommt, dass sich die Tagespflegepersonen qualifizieren sollen, bzw. wie es im Kommentar zum Gesetz heißt: „Eine Tagespflegeperson (…) muss (…) vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege nachweisen. Dazu muss sie Fachwissen (…) in qualifizierten Lehrgängen erworben haben“.

Qualifizierung in der Kindertagespflege
Zurzeit zeigt sich noch ein sehr heterogenes und fragmentiertes Bild in der Qualifizierungslandschaft. Tagespflegepersonen durchlaufen vor Beginn ihrer Tätigkeit Qualifizierungen, die entweder 160 Stunden und mehr oder nur 60 bis 80 Stunden umfassen. Daneben gibt es noch Tagespflegepersonen, die ohne formale Qualifikation Kinder betreuen und eine Pflegeerlaubnis erteilt bekommen. Umso erfreulicher ist, dass sich im Qualifizierungsbereich viel bewegt. So hat sich der Anteil der Tagespflegepersonen, die eine Qualifizierung abgeschlossen haben, in den Jahren seit 2006 stetig sowohl in den alten als auch den neuen Bundesländern erhöht.

Aus den aktuellen Daten der Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik ist zu ersehen, dass von den 36.383 tätigen Tagespflegepersonen bereits 53,6 Prozent eine fachpädagogische Ausbildung bzw. eine 160 Stunden umfassende Grundqualifizierung besitzen oder aber in Qualifizierung sind. Im Osten ist der Anteil der qualifizierten Tagespflegepersonen erheblich höher als im Westen. Noch einmal 8,5 Prozent der Tagespflegepersonen haben immerhin eine Qualifizierung von über 70 bis 159 Stunden durchlaufen. Rund 38 Prozent besitzen lediglich einen Qualifizierungsumfang von bis zu 70 Stunden oder keine fachpädagogische Ausbildung bzw. keine Grundqualifizierung.

Im Idealfall absolvieren Tagespflegepersonen eine 160 Stunden umfassende Qualifizierung nach dem DJI-Curriculum, das neu überarbeitet und erweitert wurde und seit August 2009 in der dritten Auflage erscheint. Dieses Curriculum entspricht dem fachlich akzeptierten Mindeststandard und orientiert sich praxisnah und zielorientiert an der Tätigkeit in der Kindertagespflege, unabhängig davon, ob eine Tagespflegeperson diese Tätigkeit als langfristige berufliche Perspektive sieht oder nur für eine kürzere Zeit diese Tätigkeit ausüben möchte.

Das DJI-Curriculum
Das DJI-Curriculum berücksichtigt in seinem Themenspektrum die neuesten Erkenntnisse aus vielen Wissenschaftszweigen wie beispielsweise aus der Kleinkindpädagogik oder der Entwicklungspsychologie. In der Neuauflage sind die gesetzlichen Neuerungen eingearbeitet und aktuelle Erkenntnisse zum Lernen in der frühen Kindheit flossen mit ein. Mehr ins thematische Zentrum gerückt wurde, welche Kompetenzen und Kenntnisse Säuglinge und Kleinkinder bereits besitzen, ihre Anstrengungen, sich die Welt anzueignen und wie ihre Äußerungen und Verhaltensweisen zu deuten sind. Die behandelten Themen werden als für die Tätigkeit grundlegend anerkannt, bereiten direkt auf den Einsatz in der Kindertagespflege vor und sind als inhaltliche Maßnahme für eine Kindertagespflege-Qualifizierung gesetzt. Mit der Qualifizierung wird einerseits den Tagespflegepersonen eine professionelle Grundausstattung an die Hand gegeben, um dem Förderauftrag gerecht zu werden, und anderseits wird die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagespflege vorangetrieben.

Das DJI-Curriculum vermittelt Handlungswissen und grundlegende Qualifikationen in den drei folgenden Aufgabenschwerpunkten der Tagespflege: (1) Förderung von Kindern (geistige, emotionale, körperliche und soziale Entwicklung der Kinder); (2) Kooperation und Kommunikation zwischen Tagespflegeperson und Eltern (Zusammenarbeit und Verständigung mit den Eltern; dabei geht es um typische Kontakt-, Aushandlungs- und Konfliktsituationen, um deren Lösung sowie um vorbeugende Strategien des Umgangs); (3) Rahmenbedingungen der Kindertagespflege (rechtliche und finanzielle Aspekte, Arbeitsbedingungen der Tagespflegepersonen).

Das Curriculum sieht in seinem Aufbau eine praxisvorbereitende Einführungsphase und eine praxisbegleitende Vertiefungsphase vor. Während sich die Teilnehmer(innen) in der Einführungsphase grundsätzlich ein Bild von der Tätigkeit als Tagespflegeperson machen können und ihre individuellen Fragen klären, soll in der Vertiefungsphase am konkreten Alltag mit Kindern gelernt sowie Erfahrungswissen und professionelle Handlungsstrategien angeeignet werden.

Nach der Einführungsphase ist ein Praxisteil fester Bestandteil der Qualifizierungsmaßnahme. In diesem Praxisteil werden durch Praktika bzw. Hospitationen in Kinderkrippen und Konsultationstagespflegestellen oder anderen geeigneten Einrichtungen oder durch die Aufnahme eines Tageskindes Praxiserfahrungen gesammelt. Das DJI-Curriculum beruht auf einem multimethodischen Arbeitsansatz. Dieser kombiniert und vereint die verschiedenen Methoden, u. a. Gruppenarbeit, Rollenspiel, biografische Methoden, Diskussionen.

Ausbau der Kindertagespflege
Zur Qualitätssicherung der Kindertagespflege über die 160 Stunden des DJI-Curriculum hinaus bedarf es weiterer Anstrengungen. So stellen sich bei der Weiterentwicklung im Wesentlichen derzeit zwei Herausforderungen, der qualitative Ausbau und die qualitative Verbesserung der Kindertagespflege. Mit dem bis Ende 2012 laufenden Aktionsprogramm Kindertagespflege des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bei dem das DJI aktiv mitarbeitet, ist im Vergleich zur Vergangenheit ein Systemsprung zu erwarten. Dafür gibt es fünf zentrale Ansatzpunkte:

(1) Qualitätsoffensive aus fachlicher Sicht
Da unumstritten ist, dass die Förderung der Kinder entscheidend von der Qualifizierung der Tagespflegepersonen abhängt, soll mit dem Aktionsprogramm Kindertagespflege eine flächendeckende Grundqualifizierung im Umfang von 160 Stunden nach den DJI-Curriculum oder anderer vergleichbarer Lehrpläne gewährleistet werden. Auf die Maßgabe, den Qualifizierungsumfang durchzusetzen, haben sich bisher 14 der 16 Bundesländer geeinigt. Über die flächendeckende Umsetzung der Qualifizierung hinaus gilt es zudem, ein angemessenes Qualifikationsniveau mit einem entsprechenden Zuschnitt der Kindertagespflege durchzusetzen. Die fundierte tätigkeitsbegleitende Qualifizierung und fachliche Unterstützung ist die zentrale Säule für die Verbesserung und Konsolidierung der pädagogischen Qualität in der Kindertagespflege. Ziel ist es, die soziale und pädagogische Kompetenz der Tagespflegepersonen zu erhöhen und sie bei der Umsetzung des Förderauftrages zu unterstützen. Darüber hinaus sind perspektivisch Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass erworbene Kompetenzen und Fortbildungen als Qualifizierungsschritt bzw. Anschlussmöglichkeit anerkannt werden, wenn eine Tagespflegeperson eine pädagogische Ausbildung anstrebt. Auf der beruflichen Ausbildungsebene könnte eine Nachqualifizierung für pädagogische Fachkräfte über relevante Themen und Aspekte der Kindertagespflege das berufliche Profil ergänzen. Die Integration von Lehrinhalten der Kindertagespflege in pädagogische Erstausbildungen wäre ein Schritt zu einem Berufsbild Tagespflegeperson.

(2) Gütesiegel für Bildungsträger
Mit der flächendeckenden Qualifizierung ist eine Zunahme von Qualifizierungsangeboten zu erwarten. Diese Angebote sollen durch Bildungsträger erfolgen, die ein spezielles Gütesiegel für die Qualifizierung in der Kindertagespflege erworben haben. Die Grundlage des Gütesiegels bilden fachliche Anforderungen aus dem DJI-Curriculum und Erfahrungen aus der Fachpraxis. Das Gütesiegel bietet angesichts dieser Entwicklungen die Chance, zu einer hohen und nachweisbaren Qualität bei der Qualifizierung von Tagespflegepersonen beizutragen, indem für Bildungsträger ein vergleichbarer Qualitätsstandard vorausgesetzt wird. Das Gütesiegel gewährleistet Qualität in drei zentralen Bereichen und definiert dort qualitative und quantitative Mindestkriterien: (1) Bildungsträger; (2) Maßnahme; (3) Kursleiter(innen) und Referenten(innen). Die Qualitätskriterien der einzelnen Qualitätsbereiche geben vor, wie diese Bereiche zu füllen sind. So ist beispielsweise bestimmt, dass nur Referenten(innen) eingesetzt werden, die über Erfahrungen im Bereich Kindertagespflege verfügen und grundsätzlich eine positive Einstellung zur Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren haben.

(3) Empfehlungen zur Eignungsprüfung
Darüber hinaus ist die persönliche und fachliche Eignung der Tagespflegeperson entscheidend, die jenseits der formalen Qualifikation auch an andere Kriterien geknüpft ist. Die sorgfältige Prüfung der Geeignetheit von Bewerber(inne)n vor Beginn der Qualifizierungsmaßnahme sowie zur Vergabe der Pflegerlaubnis ist deshalb eine zentrale Maßnahme zur Qualitätssicherung.

Die Eignungsprüfung durch das Jugendamt bzw. durch den damit beauftragten örtlichen Träger sollte grundsätzlich drei Komponenten umfassen: (1) Eignungseinschätzung vor Beginn der Qualifizierungsmaßnahme: Sie ist Bestandteil der Qualitätssicherung und der Qualifizierung der einzelnen Teilnehmer(innen). Damit soll erreicht werden, dass nur geeignete Personen für die Kindertagespflege an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen; (2) Eignungsfeststellung zur Erteilung der Pflegeerlaubnis: Anforderungen und nähere Konkretisierung der Eignungskriterien gemäß §§ 23 (3) und 43 (2) SGB VIII regeln die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe; (3) Tätigkeitsbegleitende Eignungsüberprüfung als fortlaufender Prozess: Die als Prozess angelegte Eignungsüberprüfung ist Bestandteil der fachlichen Begleitung und Beratung sowie der Fortbildung während der Ausübung der Tagespflegetätigkeit.

(4) Verberuflichung mit Augenmaß
Für die nahe Zukunft gilt es, ein Berufsbild Tagespflege schrittweise zu entwickeln, das zudem eine attraktive berufliche Alternative abbildet. Dazu gehört es, neben der selbständigen Tätigkeit als Tagespflegeperson oder auch als Tagespflegeperson-Tandem in dafür extra angemieteten Räumen ebenso verschiedene Modelle im Angestelltenverhältnis zu erproben und zu verbreiten. Gleichzeitig müssen dafür eine fachliche Begleitung bzw. Beratungsstrukturen gewährleistet werden. Eine angemessene und qualifikationsbezogene Bezahlung der Tagespflegepersonen sollte es ermöglichen, dass bei einer Betreuung von mehreren Kindern in Vollzeit diese Tätigkeit Existenz sichernd ausgeübt werden kann.

(5) Aus- und Aufbau des lokalen Kindertagespflege-Systems
Ein wichtiger Baustein für eine qualitativ hochwertige Kindertagespflege ist der Auf- und Ausbau eines integrierten und lokalen Kindertagespflege-Systems für Tagespflegepersonen und Eltern. Tagespflegepersonen brauchen einen Ort zur Qualifizierung und Fortbildung, Beratung, Gewährleistung eines fachlichen Austausches und Vernetzung. Auch Eltern wollen gut beraten werden, um bedarfsgerecht „ihr“ Kinderbetreuungsangebot in der Palette der Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu finden. Eine passgenaue Vermittlung kommt dem Kind, den Eltern und der Tagespflegeperson zu Gute, leistet einen Beitrag zur Betreuungsqualität und steigert die Zufriedenheit aller Beteiligten.

Grundsätzlich sind die Angebote der Kindertagespflege besser als bislang mit institutionellen Betreuungsangeboten zu verzahnen. Die Förderung von Kooperationen kann für beide Seiten zu Synergieeffekten oder durch intelligente Vertretungssysteme zu Entlastungen führen. Als ein langfristiges Ziel aller Bemühungen ist die Anerkennung von institutioneller und familiennaher Kinderbetreuung im Sinne eines integrierten Gesamtsystems herzustellen – nicht zuletzt deshalb, damit Eltern für ihre Kinder bedarfsgerecht zwischen verschieden Angeboten mit jeweils qualifizierten Fachkräften und Netzwerken wählen können.

Die Literaturangaben sind über die Geschäftsstelle erhältlich.

Dr. Astrid Kerl-Wienecke ist Mitarbeiterin der Wissenschaftlichen Begleitung des Aktionsprogramms Kindertagespflege im Deutschen Jugendinstitut in München.

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