fK 5/06 Editorial

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Wenn Eltern sich trennen oder scheiden lassen, beenden sie eine Partnerschaft, die keine Zukunft mehr hat. Ihre Verantwortung für gemeinsame Kinder hört damit aber nicht auf. „Eltern bleiben Eltern auch nach Trennung und Scheidung“ lautet die Formel, mit der im Zuge der Kindschaftsrechtsreform von 1998 die gemeinsame elterliche Sorge auch nach dem Auseinandergehen der Eltern zum Regelfall geworden ist.

Elternschaft ist unkündbar, dies gilt zumindest für die biologischen Aspekte. Aber auch in legaler (Sorgerecht), sozialer und psychologischer Hinsicht profitieren Kinder davon, wenn beide Eltern unabhängig von Veränderungen der Partnerschaft ihre Sorgeverantwortung tatsächlich gemeinsam wahrnehmen.

Trotz des mit der Kindschaftsrechtsreform zweifellos verbundenen Fortschritts bestehen aus Sicht des Kindes weiterhin Problemfelder: Im Falle nicht miteinander verheirateter Eltern ist das gemeinsame Sorgerecht hierzulande – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern – nicht der gesetzlich vorgesehene Regelfall. Und auch die Tatsache, dass das Kind selbst bei Gericht nicht angehört wird, solange die elterliche Sorge nach einer Scheidung einvernehmlich bei beiden Eltern verbleibt, muss in vielen Fällen fragwürdig erscheinen. Denn nicht selten werden Streitigkeiten der (Ex-)Partner trotz gemeinsamer elterlicher Sorge weiterhin auf dem Rücken der Kinder ausgetragen.

Partnerschaft und Elternschaft zum Wohl des Kindes voneinander zu trennen, ist ein hoher Anspruch, zumal die Eltern aufgrund ihrer Trennung bereits belastet sind. Rechtliche Regelungen sind hier eine wichtige Orientierung. Damit jedoch die gemeinsame Sorge auch im Alltag des Kindes gelebt werden kann, benötigen viele Eltern zusätzliche Unterstützung, zum Beispiel in Form von Beratung oder Mediation.

Diese und andere Hilfen frühzeitig anzubieten bzw. in Anspruch zu nehmen, ist eine gute Investition: Sie mildern die Folgen für das Kind und können dazu beitragen, dass Mutter, Vater und das Kind aus der mit jeder Trennung oder Scheidung verbundenen Krise gestärkt hervorgehen.

Am 30.5.2006 fand in Berlin der interdisziplinäre Kongress „Ein guter Start ins Leben. Frühe Kindheit – Familie und Gesellschaft in gemeinsamer Verantwortung“ statt. Der Kongress der Bertelsmann Stiftung und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wurde gemeinsam mit der Liga und weiteren Verbänden veranstaltet. Wir dokumentieren in diesem Heft die beiden Hauptvorträge.

Mit herzlichen Grüßen

Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind

Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind

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