fK 2/09 Editorial

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Eine Einweisung ins Krankenhaus ist für jedes Kind eine große Belastung. Zu den körperlichen Schmerzen kommen die Furcht vor medizinischen Eingriffen sowie seelisches Leid durch Trennung von Eltern und häuslicher Umgebung. Auch viele Erwachsene erinnern sich nur ungern an Zeiten stationärer Behandlung während ihrer Kindheit.

Dennoch ist die Geschichte der Kinderheilkunde und ihrer (stationären) Einrichtungen eine Geschichte des steilen Erfolgs. Noch vor hundert Jahren starben viele Kinder an Infektionskrankheiten, die heutzutage keinen Schrecken mehr hervorrufen können. Krebs im Kindesalter galt noch vor wenigen Jahrzehnten als unheilbar und ist inzwischen in vielen Fällen mit einer günstigen Prognose verbunden. Und selbst extrem unreife Frühgeborene können heute oftmals unbeschadet erwachsen werden.

Auch in seelischer Hinsicht hat sich die Versorgung deutlich verbessert. Die durchschnittlichen Liegezeiten wurden drastisch reduziert und betragen bei Kindern inzwischen weniger als fünf Tage. Auf den Stationen wurden Spielzimmer eingerichtet und eine pädagogische und psychosoziale Betreuung etabliert. Bürgerinitiativen wie das Aktionskomitee KIND IM KRANKENHAUS haben erreicht, dass die Mitaufnahme von Eltern fast überall eine Selbstverständlichkeit ist.

Angesichts unbestreitbar großer Erfolge muss umso mehr verwundern, dass eine gute Qualität pädiatrischer Versorgung in Kinderkrankenhäusern und -abteilungen keineswegs gesichert ist. Das vor einigen Jahren eingeführte Finanzierungssystem der Fallpauschalen (DRG´s) berücksichtigt in vielen Fällen nicht den bei der Behandlung von Kindern entstehenden Mehrbedarf. Zahlreiche Einrichtungen für Kinderheilkunde bangen um ihre Existenz, eine flächendeckende Versorgung ist nicht überall gewährleistet. Hinzu kommt, dass immer noch rund ein Drittel der aufgenommenen Kinder auf Erwachsenenstationen liegen und insofern nicht kindgerecht versorgt werden.

Dabei sind Kinderkrankenhäuser wie auch stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie keineswegs ein Auslaufmodell. Im Gegenteil, durch die Verschiebung des Krankheitsspektrums von den akuten zu chronischen Erkrankungen und „vom Körper zur Seele“ sind neue Herausforderungen hinzugekommen. Hierzu gehören – neben der unvermindert wichtigen Behandlung vital bedrohender Erkrankungen – die Intensivpflege in der Neonatologie und der zunehmende Bedarf an kinder- und jugendpsychiatrischen Plätzen.

Wenn das bestehende Finanzierungssystem nicht in der Lage ist, eine qualitativ gute stationäre Versorgung kranker Kinder zu gewährleisten, muss über Alternativen nachgedacht werden. Denn die Behandlung von kranken sowie die Vorsorge von gesunden Kindern ist ein Anliegen der gesamten Gesellschaft.

Mit herzlichen Grüßen

Prof. Dr. Franz Resch, Präsident der Deutschen Liga für das Kind
Dr. Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind

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