fK 2/07 Rezensionen

Zeitschrift frühe Kindheit – Archiv

Buchrezensionen

Jungen leben oft mit angezogener Aktivitätsbremse

Gibt es das noch: dass Jungen nach Herzenslust ihren Forscher- und Entdeckerdrang, ihre Bewegungsfreude und Kreativität ausleben können, an Orten mit genügend Platz und unbeobachteten Feiräumen?

Die Lebenswirklichkeit sieht meist anders aus. Freizeitaktivitäten sind geordnet, geplant und überwacht. Abenteuer werden passiv im Film miterlebt anstatt eigene Sinneserfahrungen zu machen. Kinder „verhäuslichen“ und „verinseln“ zunehmend, sie halten sich größtenteils an speziell für sie ausgewiesenen Orten oder zu Hause auf. Das Autorenteam Alexander Bentheim und Monika Murphy-Witt verdeutlicht in seinem Elternratgeber, wie wichtig es für Jungen ist, von einfühlsamen und engagierten Erwachsenen in ihrer Entwicklung begleitet, gefördert und gestärkt zu werden. Denn Jungen haben es nicht leicht.

Ihnen begegnen zwischen null und zehn Jahren vorwiegend weibliche Vorbilder, die auf ihre Eigenarten häufig verständnislos oder sogar genervt reagieren. Ihnen bleibt kaum die Möglichkeit, sich an realem männlichen Alltagshandeln zu orientieren.
Viele Jungen haben das Gefühl, den weiblichen Erwartungen nicht gerecht werden zu können und nehmen sich in ihrem Verhalten ständig zurück oder provozieren durch besonders auffälliges Verhalten.
In einem Fünf-Punkte-Entwicklungs-Hilfe-Programm geben die Autoren zahlreiche Hinweise, Tipps und vor allem praktische Beispiele dafür, wie Jungen speziell gefördert werden können durch eine Erziehung, in der männliche und weibliche Aspekte gleichermaßen angesprochen werden.

Marita Salewski

Alexander Bentheim und Monika Murphy-Witt
Was Jungen brauchen
Das Kleine-Kerle-Coaching
Gräfe und Unzer Verlag 2007
160 Seiten
14,90 €

Zusammen oder getrennt?

Ob für eine Beschäftigung mit Gender-Fragen gleich- oder gemischtgeschlechtlich zusammengesetzte Gruppen in den Erziehungshilfen besser geeignet sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Aber auch ein überzeugtes „Sowohl-als auch“ ist als Antwort möglich: auf die intelligente Kombination kommt es an!

Wenn es um Hilfen zur Erziehung geht, stehen Leidensweg und Hilfebedarf des Kindes oder Jugendlichen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Dass dabei Mädchen und Jungen unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, gerät nur allzu oft aus dem Blick. Was es heißt, im Alltag von Erziehungshilfen tatsächlich „Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern“, wie es in § 9 Absatz 3 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes gefordert wird, zeigen Kerstin Bronner und Michael Behnisch in ihrem Buch „Mädchen- und Jungenarbeit in den Erziehungshilfen“ auf.

Getrennt nach den Geschlechtern werden die historischen Entwicklungslinien, Handlungsfelder, Konzepte und Methoden von Mädchen- bzw. Jungenarbeit im Bereich der Hilfen zur Erziehung dargestellt. Die Autorin und der Autor machen deutlich, dass koedukative Ansätze und Konzepte der Geschlechtertrennung seit jeher in einem spannungsvollen Verhältnis zueinander stehen.
Das Buch schließt mit einem – leider ein wenig knapp geratenen – Plädoyer für ein geschlechterreflektierendes Arbeiten mit Jungen und Mädchen in gemeinsamen Gruppen. Am Horizont zeichnet sich ab, wohin die Reise gehen sollte: in Richtung geschlechterbewusster Koedukation.

Dr. Jörg Maywald

Kerstin Bronner und Michael Behnisch
Mädchen- und Jungenarbeit in den Erziehungshilfen
Juventa Verlag 2007
259 Seiten
19,50 €

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